Senioren-Aktiv-Wochen: Landwirtschaftlicher Betrieb Bösl stellte sich vor
| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung
Am Donnerstag war Gelegenheit, Einblick in die Arbeit und Betriebsabläufe in der Landwirtschaft von heute zu gewinnen. 17 Senioren und ihre Enkel nahmen diese Gelegenheit war. Wo könnte man dies besser als im modernen landwirtschaftlichen Betrieb von Johann Bösl in Ruiding mit Schweinemast, Biogasanlage und Holztrocknungsanlage. Bösl verwehrte sich gegen die landläufige Meinung Landwirte seien nur Giftspritzer, Überdünger und Grundwasserverseucher. „Spritzmittel und Dünger sind teuer, da gibt kein Bauer zu viel aus!“ ist er sich sicher. Er hofft, dass die Landwirtschaft wieder mehr Vertrauen in der Bevölkerung bekommt.
Johann Bösl übernahm den Betrieb 1987. Seine Familie besteht aus Ehefrau Gisela, zwei Söhnen, einer Tochter und der Oma. Es handelt sich um einen Vollerwerbsbetrieb mit 1200 Mastschweinen und 150 Hektar Grund, worauf Getreide, Raps uns Mais angebaut wird. „Dreimal täglich werden die Schweine flüssig mit eigenem Getreide aus der Umgebung gefüttert. Die Arbeit in der Landwirtschaft mache ich mit meinem Sohn und Betriebsnachfolger Johannes (Agrarbetriebswirt) und meiner Frau Gisela“, erläutert Bösl sen. Im Jahr 2000 habe man sich gemeinsam ein zweites Standbein überlegt, um als Vollerwerbsbetrieb das Einkommen zu sichern. Der Bau eines zusätzlichen Stalles kam nicht in Frage. So entschied man sich mit hohen Kosten und Risiko für eine Biogasanlage zur umweltfreundlichen Energieerzeugung. Im Laufe der Jahre wurde diese erweitert. Heute liefert die Anlage täglich rund 6000 Kilowatt Strom. „Das hört sich natürlich gut an, aber es schlagen auch gewaltige Kosten zu Buche: 80 bis 100 Hektar Mais (1500 Euro pro Hektar), 350 Tonnen Getreide, 1500 bis 2000 Kubikmeter Gülle, 700 Tonnen Mist. Ein Hektar Mais ergeben rund 10000 Kubikmeter Gas gleich 19000 KW Strom - zusätzlich Wärme für sechs Haushalte und ersetzen so 5300 Liter Heizöl. Geheizt werden damit das eigene Haus mit drei Wohneinheiten, das Nachbarhaus, die Ställe, Arbeitshalle und Holztrocknung.
Bei einem Hofrundgang konnten die Besucher durch Fenster Ferkel und Schweine sehen. Auch dass diese mit putzmunter mit Bällen spielen. Der 30-jährige Agrarbetriebswirt Johannes Bösl erläuterte ausführlich die Funktion der Biogasanlage und deren Betriebsablauf, wobei gleichmäßige „Fütterung“ wichtig ist, damit möglichst gleich gutes Gas erzeugt wird. „Maisanbau wird oft kritisiert. Doch Mais ist besser als sein Ruf!“ erklärte er den Senioren. „Er ist ein Top-Futter für Biogas. Ein Hektar Mais bindet 32 Tonnen Kohlendioxid und produziert 24 Tonnen Sauerstoff, eine Tonne Getreide dagegen ‚nur’ 24 Tonnen CO2 und 18 Tonnen Sauerstoff. Mais wird nur einmal gegen Unkraut behandelt und verwendet die Gülle von allen Pflanzen am besten. Raps ist zwar schöner anzuschauen, wird aber bis zu sechsmal behandelt. Kartoffeln werden noch öfter behandelt – da sagt aber keiner was!“ Das bei der Biogasgewinnung übrig bleibende Gärsubstrat ist für die Pflanzen verträglicher und senkt die Treibhausemissionen. Biogasgülle stinkt nicht so fest, ist leichter für Pflanzen verfügbar, ist fließfähiger und kann Mineraldünger einsparen.
„In Deutschland gibt es 9000 Biogasanlagen, die Strom für neun Millionen Haushalte erzeugen“, wusste Johannes Bösl zu berichten. Vorteil von Biogas sei, dass es Tag und Nacht bei Wind und Wetter verfügbar ist, wogegen die Verfügbarkeit von Wind- und Sonnenenergie stark wetterabhängig ist. „Mit Biogas können Stromspitzen ausgeglichen werden. Wenn eine Biogasanlage vernünftig betrieben wird, ist sie sehr umweltfreundlich und liefert eine gute alternative Energie. Biogas ist nicht die billigste Energie, doch regenerativ und gut für Stromspitzenausgleich.“
Politisch seien weitere Biogasanlage nicht mehr gewollt seit dem Energieergänzungsgesetz EEG. 2014. Die Stromvergütung wurde auf 16,9 Cent/KWh gekürzt. Folglich werde kaum mehr eine neue Biogasanlage gebaut. „Wenn man über Massentierhaltung spricht, muss man auch über Massenschlachtung reden“, so Johann Bösl sen. „Bei der Großschlächterei Tönnies werden jährlich 20 Millionen Schweine geschlachtet. Bei 250 Werktagen im Jahr macht das pro Tag 80000 Schlachtungen aus. Da mag der Verbraucher sagen: Das ist fürchterlich viel. Mancher Verbraucher leidet da an Amnesie, denn zum Spaß werden die Schweine nicht geschlachtet. Mit dem Fleisch werden die Verbraucher satt gemacht. Die Verbindung vom Magen zum Verstand scheint bei einigen nur begrenzt zu funktionieren.“ Die Schweine aus dem Mastbetrieb Bösl in Ruiding werden nur mit Getreide gefüttert und haben „geprüfte Qualität“, sind EQ-Schweine. Übrigens werden sie auch nicht weit zur Schlachtung gefahren. Maximal fünf Kilometer.
Die interessierten Senioren „löcherten“ Johann Bösl, seinen Sohn Johannes und Ehefrau Gisela mit vielen detaillierten Fragen, die qualifiziert und kompetent beantwortet wurden. Bei einer kleinen Brotzeit in der Arbeitshalle kam man weiter ins Gespräch und diskutierte über Fragen zur Landwirtschaft von heute und wie es mit ihr weitergehen soll.
Das weitere Programm der bis 13. Oktober dauernden Senioren-Aktiv-Wochen Ensdorf
Am Montag, 9.10.: Um 9 Uhr „Überraschungswanderung“ mit den Wanderfreunden Ensdorf. Die Stecke ist ohne Steigung vier bis fünf Kilometerlang. Treffpunkt Klostertorbogen. Anschließend Einkehr. Jeder Teilnehmer erhält ein Freigetränk. Dienstag: 8 bis 9 Uhr „Seniorengymnastik“ im Pfarrsaal. 14 bis 16 Uhr kostenloser Schnuppernachmittag bei der Demenzgruppe „Sonnenstunden“ im Pfarrsaal. 17 bis 18 Uhr „Aktiv und Fit 59 plus“ für Männer und Frauen im Gymnastikraum der DJK. 18 bis 19 Uhr in der Schulturnhalle „Spielerisches Leichtathletik-Training“ unter dem Motto „Kinder und ihre Großeltern trainieren“. Mittwoch: 10 Uhr in der Mittelschule sind Schüler im gemeinsamen Gespräch mit Ensdorfer Zeitzeugen zum Thema „Ensdorf in den Kriegsjahren“. Donnerstag: um 12 Uhr gibt es einen „Mittagstisch für Senioren“ im Speisesaal des Klosters. Freitag: von 10 bis 13 Uhr heißt es in der Mittelschule (inklusive gemeinsamem Mittagessen) „Jung und Alt arbeiten zusammen“. Zum Abschluss lädt die Schützengesellschaft Edelweiß Wolfsbach um 17 Uhr zum Kennenlernen ein. Dabei ist für Interessenten auch Schießtraining möglich.