Papst-Franziskus-Talk-Abend

| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung

Zum Papst Franziskus-Talk-Abend kamen erfreulicherweise über 60 Interessierte. So wurden diese zwei Stunden im Wittelsbacher Saal eine ganz kurzweilige Angelegenheit, weil sich viele in eine sehr anregende Diskussion über Papst Franziskus und seinen nicht alltäglichen päpstlichen Regierungs-Stil eingelassen haben. Allen war ein grundsätzliches Anliegen, über die Zukunft der Kirche nachzudenken.

So wurden ganz persönliche Erfahrungen und Einschätzungen eingebracht, dass diese Zukunft wirklich positiv werden könne, ja müsse. Gegenwärtig würde man ja im normalen Sonntagsgottesdienst keine jungen Leute in der Kirche finden – und diese traurige Feststellung ist inzwischen auch auf dem Land, nicht nur in der Großstadt, ein ganz normales kirchliches Erlebnis. Prof. Dr. Wolfgang Beinert,  jahrelang theologischer Assistent bei Prof. Ratzinger in Tübingen, ging in seinem gut halbstündigen Grundsatzreferat auf die lange Geschichte der Päpste seit den Zeiten der ersten Apostel ein und betonte  stark: „Wenn der Apostel Paulus beim Problem der Beschneidung sich nicht gegen den damaligen Papst Petrus durchgesetzt hätte, wäre das Christentum eine Minderheit, ja eine Sekte geblieben – und die christliche Botschaft wäre nicht nach Germanien gedrungen und wir wären heute alle nicht Christen.“ Mit Papst Franziskus wäre ein radikaler Paradigmen-Wechsel in die Auffassung vom Papsttum gekommen, wenn nicht mehr so sehr die Struktur der Kirche selber, sondern die konkreten pastoralen Aufgaben aus dem Geist Jesu in den Vordergrund gerückt würden.

Prof. Beinert brachte viele Zitate von Papst Franziskus, wie sein bekanntes Wort: „Die Sakramente sind nicht für die Vollkommenen da, sondern für die, die sich schwach fühlen.“ Und so sei auch das bisher unerhörte Wort aus dem Vatikan gedrungen, dass eben sogar Wiederverheiratete Geschiedene nach einem ehrlichen Glaubensgespräch mit einem Seelsorger wieder zur Kommunion zugelassen würden. Und diesen päpstlichen Rat hat inzwischen die deutsche Bischofskonferenz zu großen Teilen sehr erfreut zur Kenntnis genommen  - und praktisch umgesetzt – bis vor ein paar Jahren völlig undenkbar. Jetzt aber eine echte Revolution von oben aus Rom. Birgit Schwalbe-Eberius,  Pfarrerin der evangelisch- lutherischen Gemeinde Rieden, wies deshalb darauf hin, dass dieser Papst mutig über bisherige Grenzen hinausgehe und keine Angst vor Verlust von Macht habe, was sehr beruhigend gerade auch für die künftige Ökumene sei. Eine gewisse Diskussionskultur müsse wieder gewonnen werden, damit Christen heute in der Welt glaubwürdig seien. Dr. Gottfried Claußen vom christlichen Zentrum in Amberg  wies darauf hin, dass Franziskus wirklich ganz biblisch und authentisch jesuanisch sein wolle, indem er alle verantwortlichen Seelsorger darauf hinweise, dass sie doch den Geruch der Schafe annehmen sollten, wenn sie wirklich heute aus dem Geist Jesu leben wollten. Markus Mußemann, Pfarrgemeinderatsspre-cher von St. Michael in Amberg, stellte kritisch fest, dass in den letzten zehn Jahren sich die Zahl der Gottesdienstteilnehmer leider glatt halbiert habe – und es unbedingt nötig wäre, sich gerade für junge Leute zusammen mit ihnen neue Gottesdienstformen über den Sonntag hinaus zu überlegen. Franziska Paintner aus Ebermannsdorf, die als Staatsanwältin in Weiden tätig ist, bestätigte, dass viele junge Leute Papst Franziskus zwar gut finden, sie aber trotzdem nicht mehr in die Kirche gingen. Erlebnisse wie in Taize könnten da motivierend sein, aber auch diese schöne Erfahrung könne nicht mehr in die gewöhnliche Pfarrei übertragen werden. Wie sie aus ihrem Bekanntenkreis heraushöre,  müsse von der Kirche glaubwürdig ein ganz neuer Anfang gemacht werden und auf die Probleme eingegangen werden, welche die jungen Leute wirklich berührten.

David Breitkopf aus Ensdorf, der als Religionslehrer an einer Berufsschule in Weiden engagiert ist, unterstrich ebenso, dass die Schüler keine Atheisten seien, sondern einen echten Glauben suchen würden. Nur mit der aktuellen Amtskirche könnten sie überhaupt nichts anfangen, weil sie leider die Erfahrungswelt der jungen Leute total außer Acht lasse. Salesianerpater Alfred Lindner  vom Kloster Ensdorf wies als Gesprächsleiter in gleichem Sinne darauf hin, dass dieser Papst Franziskus offenbar die Welt der Jugend treffe, weil er als Seelsorger diesen Papst vor ihnen nicht verteidigen müsse, wie er es bisher noch immer getan habe. Ein kritischer evangelischer junger Mann habe vor kurzem zu ihm gesagt, dass er nicht aus der Kirche austreten werde, solange dieser Franziskus Papst in Rom wäre. Das wäre sein ganz persönlicher Beitrag zur Ökumene heute.

Christian Irlbacher von der katholischen Erwachsenenbildung KEB in Amberg, Mit-Veranstalter dieses Papst-Talk-Abends, bedankte sich sehr für das große Interesse bei diesem anspruchsvollen, ja anstrengenden kirchlichen Thema und freute sich, dass so viele sogar aus der Stadt Amberg hierher in das Klosterdorf Ensdorf gekommen seien.