Zum Hauptinhalt springen Skip to page footer

Mir g’fallt’s hier

| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung

„Die Pflegereform hat bei der stationären Pflege nicht viel gebracht. Außer noch mehr Bürokratie. Die Sätze für Stufe I und II blieben gleich, der Satz für Stufe III wurde nur minimal angehoben“, erklärt Lydia Brandl, Heimleiterin des BRK-Seniorenwohn- und –pflegeheims Ensdorf, im Gespräch mit der „Mittelbayerischen Zeitung“.

Sie würde sich allerdings „durchaus mehr Personal“ wünschen. „Definitiv muss sich in der Personalsituation vom Gesetzgeber her etwas ändern, denn es wird bald Fachkräftemangel geben. Ältere Leute werden immer mehr, Großfamilien, die sie  Zuhause pflegen, gibt es kaum noch. Außerdem deckt die Rente vielfach die Heimunterbringung nicht mehr finanziell ab. So sind im Ensdorfer Heim bereits rund 30 Prozent der Bewohner Sozialhilfeempfänger. Tendenz steigend.“

Das Einzugsgebiet des BRK-Seniorenheims mit seinen 60 Plätzen, davon sechs Doppelzimmer, ist vor allem das Untere Vilstal. Daher kommt auch überwiegend das Personal. Dieses hat häufig schon von früher her einen Bezug zu den Bewohnern. Das verkürzt und erleichtert die Eingewöhnungszeit. Zudem kommen häufig mehrere Bewohner aus demselben Ort.

Positiv ist auch, dass es sich um ein relativ kleines Haus mit 60 Bewohnern handelt, wo jeder noch jeden kennt. Es ist einfach  familiär. „Bei uns geht es noch nicht nach ‚Minutenpflege’. Bei uns steht nach wie vor der Bewohner im Mittelpunkt. Hilfe wird nach dem Bedarf unserer Gäste geleistet“, betonen Heimleiterin Lydia Brandl und Sozialbetreuerin und Gerontologin Elke Augsberger. „Wir sind in der Betreuung und Pflege flexibel, gehen auf die Bedürfnisse unserer Bewohner ein.“ So ist es kein Wunder, dass das Haus voll ausgelastet ist, eine Warteliste besteht. 44 Personen - von Pflegekräften, über die heimeigene Küche mit Küchenchef Mario Hellerl bis hin zur eigenen Wäscherei und den Reinigungskräften - kümmern sich liebevoll um die 60 Bewohner des nach DIN 9001 zertifizierten Seniorenheims Ensdorf.

„Wir werden in Zukunft überwiegend demenzkranke Bewohner haben, selten mehr pflegebedürftige z. B. nach einem Schlaganfall. So haben wir seit eineinhalb Jahren verstärkt in Pflegestufe I Demenzkranke. Das wird sich in nächster Zeit nicht ändern“, sind sich beide sicher.

Heinleiterin Lydia Brandl klagt über „immer mehr Bürokratie“. „Vom Schlagwort Entbürokratisierung merken wir nichts, im Gegenteil. Sicherlich ist Dokumentation wichtig und nötig, es ginge aber auch einfacher.“ Kritik wird auch laut am neuen Prüfkonzept mit Noten- und Punktevergabe und Transparenz im Internet: „Die Ausgleichmöglichkeit der Note durch unrelevante Punkte wie Fortbildung ist unsinnig! Das kommt mir vor wie ‚Next Top Altenheim’. Der Kunde weiß nämlich dann wieder nicht, wie Pflege und Betreuung in einem Heim sind. Dadurch werden nur die ‚schwarzen Schafe’ gedeckt“, so die Heimleiterin.

Geplant ist ein Alarm-Projekt für weglaufgefährdete demenzkranke Bewohner. Seit Anfang August ist im Ensdorfer BRK-Seniorenheim eine Betreuungsassistentin für eingeschränkte Alltagskompetenzen eingestellt. Außerdem sind zwei Gerontologinnen eingesetzt, eine davon ist Elke Augsberger, freigestellt für die soziale Betreuung. Da gibt es bewohnerorientierte Angebote wie Gymnastik und Gedächtnistraining, demenzspezifische Angebote wie Training des Langzeitgedächtnisses usw., immobile Einzelbetreuung und Wahrnehmungsförderung, Singstunden, Bastel- und Backnachmittage. Außerdem werden Ausflüge organisiert wie zum Mariahilfberg in Amberg oder Kaffeefahrten, Fahrt ins Blaue. Es gibt lustige Faschingsveranstaltungen, Bockbier-, Sommer- und Oktoberfest, Johannisfeuer, Advents- und Weihnachtsfeiern. Es wird ausgebuttert und, und, und.

Dabei helfen auch viele engagierte ehrenamtliche Mitarbeiter. Sie organisieren Vorlesestunden, regen zum Basteln an. Der Singkreis ist aktiv. Volks- und Heimatlieder, aber auch alte Schlager und Gassenhauer werden gesungen. Gottesdienste werden regelmäßig gefeiert. Viele Angehörige helfen ebenfalls und binden sich in die Pflegearbeit ein. Sie fahren ihre Angehörigen mit dem Rollstuhl aus, helfen beim Essen, begleiten bei Ausflügen usw.

Unterstützung findet die Heimleitung auch vom gewählten Heimbeirat, der sich aus Bewohnern und Angehörigen zusammensetzt. Vorsitzender ist derzeit Josef Niebler, der mit Horst Brockel, Therese Hiereth, Gerhard Klier und Gerda Runschke zusammenarbeitet, Vorschläge unterbreitet, bei Organisation und Durchführung von Festen und Ausflügen hilft. 

Seit fünf Jahren ist der heute 80-jährige Oswald Weiß aus Theuern Bewohner des Ensdorfer BRK-Seniorenheims. „Des Essen schmeckt prima und is reichlich, Schwestern und Personal san ganz guat. Die Betreuung haut hin. Mir g’fallt’s hier. I sog jedem, dass ’s im Ensdorfer Heim schöi is!“ So viel Lob aus dem Mund eines Bewohners spricht für die Qualität des Ensdorfer Seniorenheims. Und noch etwas freut den Weiß Oswald: „Dahoam hob i ja über hundert Hos’n (Hasen) g’habt. Dass i jetzt zwoa nu in unserm schöina Goart’n halt’n und z’samm’ mit dem Regensburger Franz hegen und pflegen derf, des freut mi narrisch. Mir macha des in Teamarbeit, da kann ma se drauf verlassen!“ Der Weiß Oswald kümmert sich auch immer um seine Mitbewohner, soweit ihm das im Rollstuhl sitzend möglich ist.

1954 wurde in Ensdorf ein Kreisaltersheim gebaut. 1970 wurde es erweitert. Bis 1996 betreuten überwiegend Schwestern vom Hl. Kreuz die Bewohner. Dann übernahm das Bayerische Rote Kreuz das Heim und stellt seither auch das Personal. Am 11. März 2001 konnte nach einem zweistufigen Neubau endlich Einweihung gefeiert werden. Der Neubau war finanziell maßgeblich vom Bundesarbeitsministerium unter dem damaligen Staatssekretär Rudolf Kraus gefördert worden.