Der „Steffel“ wird nun endlich saniert

| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung

„Unser Ensdorfer Wahrzeichen Stephansturm wird nicht sterben!“ verkündete Ortsheimatpfleger Josef Bartmann bereits im Dezember 2007. Nunmehr überreichte er zusammen mit Karl-Heinz Ruzok von den „Freunden des Stephansturmes“ eine weitere Spende in Höhe von 350 Euro, den Reinerlös des Maronengrillens beim letzten Adventsbasar, an Bürgermeister Markus Dollacker.

1999 trafen sich die „Freunde des Stephansturm“ unter der Federführung von Josef Bartmann erstmals und starteten die Aktion „Rettet den Stephansturm“. Ziel war, das gut 20 Meter hohe alte Ensdorfer Wahrzeichen vor dem Verfall zu bewahren. Mit diesem Slogan haben sie zehn Jahre für den Erhalt zu geworben und gekämpft.

„Der Stephansturm wird nicht sterben, können wir heute mit Genugtuung feststellen. Dass dies so ist, ist unser Verdienst. Wir haben nicht nur Geld gesammelt und gespendet und damit erst die Voraussetzung für einen Einstieg in die Sanierung geschaffen, nein mit unseren Aktionen haben wir bewirkt, dass die Sanierung und Renovierung des Turms ‚fünf vor zwölf’ in Angriff genommen werden kann und die Förderung mit fast 80 Prozent der Gesamtkosten erfolgt.“ In dieser Beurteilung wurde er von Bürgermeister Dollacker bei der Spendenübergabe bestätigt.

Der für die Region früher zuständige Konservator Raimund Karl von der Landesdenkmalschutzbehörde in München hat bei der entscheidenden Gemeinderatssitzung am 19. Juli 2007 erklärt: „Ohne das große Interesse der Bevölkerung der ganzen Gemeinde Ensdorf, das durch den Einsatz der ‚Freunde des Stephansturms’ dokumentiert ist, wäre eine öffentliche Förderung in diesem Ausmaß nicht möglich gewesen!“ Bartmann: „Mit einem gewissen Stolz dürfen wir ‚Freunde des Stephansturms’ sind, diese Aussage zur Kenntnis nehmen.“

Bei der Zusammenkunft der „Freunde des Stephansturms“ im November 2004 mit Konservator Raimund Karl und Kreisheimatpfleger Mathias Conrad wurden die Weichen für die notwendige bautechnische und andere Untersuchungen gestellt. Die überraschenden und für Insider sensationellen Ergebnisse wurden bereits in der „Mittelbayerischen Zeitung“ veröffentlicht und gewürdigt.

„Damit ist sicher, dass der Stephansturm in Ensdorf im Jahr 1075 erbaut wurde. Dies bestätigte eine dendrochronologische Untersuchung. Er ist somit der älteste bekannte, noch vollständig erhaltene freistehende Kirchturm in der nördlichen und mittleren Oberpfalz“, erklärte Archäologe Dr. Mathias Hensch. Und weiter: „Die Gemeinde Ensdorf besitzt mit dem Stephansturm eines der ältesten vollständig erhaltenen Bauwerke Bayerns und eine über tausend Jahre alte Tradition als Ort christlichen Lebens. Die Sanierung, Dokumentation und Erhaltung dieser überregional bedeutenden Spuren der Vergangenheit müssen wesentliche Anliegen aller an der Sanierung beteiligter Institutionen und Personen sein“, erinnerte sich Ortsheimatpfleger Josef Bartmann an die Worte des Archäologen. Dieser will weiter untersuchen und graben. „Man kann eventuell bis Karl den Großen kommen“, ist Bartmann überzeugt. „Der Turm ist etwas ganz Besonderes.“

„Die Anfänge des nicht mehr vorhandenen Gotteshauses dürften sogar bis ins achte Jahrhundert zurückreichen“, ist beratender Dipl.-Ing. Anton Landgraf gar überzeugt. „Es ist ein Bauwerk von nationaler Bedeutung“, erklärt Konservator Raimund Karl vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege. Die Feststellungen, welche Bauforscher, Archäologen und Architekten bei der Befunduntersuchung des Stephansturmes gemacht haben, sind bei der Gemeindeverwaltung einsehbar.

„Die Präsentation, welche die Gemeinde mit der Unterstützung der ‚Freunde des Stephansturmes’ im Mai 2006 im Fürstensaal durchgeführt hat, war sicherlich der entscheidende Durchbruch zur Sanierung“, ist Bartmann überzeugt. Denn die „Prominenz“ sei eingeladen geladen gewesen, sei auch gekommen und habe gestaunt.

Bartmann dankte allen, welche seit 1999 die Aktion „Rettet den Stephansturm“ unterstützt haben. „Nach anfänglicher Skepsis über die Art der Durchführung der Baumaßnahme und ob wir uns die leisten können, stand der gesamte Gemeinderat ohne Ausnahme hinter dem Vorhaben“, betonte er.

Am 19. Juli 2007 erklärte sich der Gemeinderat einstimmig mit dem Finanzierungsplan für die Sanierung des Ensdorfer Wahrzeichens Stephansturm einverstanden. Dieser sieht Gesamtkosten von 303000 Euro vor. Die Eigenbeteiligung der Gemeinde als Eigentümer beläuft sich auf 45000 Euro zuzüglich 26000 Euro für Hand- und Spanndienste. Vom Entschädigungsfond sind 170000 Euro zugesichert, 30000 Euro von der Bayerischen Landesstiftung, 22000 Euro vom Bezirk Oberpfalz, 5000 Euro von der Katholischen Kirchenstiftung und weitere 5000 Euro von den Freunden des Stephansturmes.

„Die ‚Freunde des Stephansturms’ aber haben viel geleistet“, lobt Bürgermeister Dollacker. „Sie haben bereits die Innentreppe durch Spenden finanziert und weitere Gelder aufgebracht. Ohne sie wäre die Sanierung für die Gemeinde nicht finanzierbar“ Er freute sich bei der Spendenübergabe den Beschluss des Stiftungsrates der Bayerischen Landesstiftung verkünden zu können. „Ich freue mich sehr, Ihnen mitteilen zu können, dass Ihrem Antrag auf Gewährung einer Zuwendung zur Sanierung und Instandsetzung des Stephansturmes in Ensdorf, ein Zuschuss in Höhe von 30000 Euro bewilligt worden ist“, schrieb Ministerpräsident Horst Seehofer dem Bürgermeister. Heuer endlich soll mit der Sanierung des Ensdorfer Wahrzeichens Stephansturm begonnen werden. Dabei wird sich, so Dollacker die äußere Form kaum verändern. Das Dach wird erneuert, noch vorhandener Putz versiegelt, das Mauerwerk neu verfugt. „Optisch wird unser Wahrzeichen, der Stephansturm, in der jetzigen Ansicht erhalten.“

Übrigens läuft die Aktion Verkauf von alten Dachziegeln des Stephansturmes für 10 Euro je Stück weiter (Bei der Gemeindeverwaltung gegen Spendenquittung möglich.). Spendenkonten „Rettet den Stephansturm“ bei der Sparkasse Amberg-Sulzbach, Konto 200 266 666, BLZ 752500 00 oder Raiffeisenbank Unteres Vilstal, Konto 288 888 BLZ 760 696 11.

Der Stephansturm

Das Ensdorfer Wahrzeichen Stephansturm – einer der ältesten freistehenden Kirchtürme Bayerns – wurde im Jahr 1075 erbaut. Dies ergaben umfangreiche Untersuchungen. Nun soll heuer endlich die Sanierung des geschichtsträchtigen denkmalgeschützen Bauwerks erfolgen.

Der Turm im alten Friedhof in der Ortsmitte ist 21 Meter hoch, war früher wohl einmal Teil eines Herrschaftssitzes und später des ersten Ensdorfer Klosterbaus, einem Doppelkloster für Mönche und Nonnen. Später gehörte er zur Pfarrkirche St. Stephan, die im Zuge der Säkularisation 1805 als „überflüssig“ abgebrochen wurde.

Im Kataster der Steuergemeinde Ensdorf findet sich ein Eintrag vom 28. 4. 1806, dass die politische Gemeinde die „alte Pfarrkirche dermal demoliert“ von der vorigen Landesregierung um 104 Gulden ersteigert hat. Bei der „demolierten Kirche“ handelte es sich aber nur mehr um den Platz. Auf dem sie einmal gestanden hatte. Am 26. Juni 1843 beschloss die Gemeindeversammlung, „dass der Schutt der alten eingegangenen Kirche weggeräumt und der Kirchhof aufgeschüttet und eingeebnet werden muss“. Am 20. 4. 1845 richtete die Kirchenverwaltung Ensdorf an das königlich Bayerische Landgericht Amberg als Kuratelbehörde folgendes Schreiben: „Die Kirche St. Stephan wurde durch das Staatssalär mit sämtlichen Einrichtungen (Dachstuhl, Glocken) verkauft und demoliert. Aber der fürchterliche Schutthaufen blieb im Friedhof liegen, gewährte einen empörenden Anblick und hemmte die Begräbnisplätze. Die Gemeinde erhielt den Auftrag, den gewaltigen Schutthaufen wegzuräumen, wurde aber von der Riesenarbeit abgeschreckt.“

Der Schutthaufen wurde darauf weggeräumt. Der Turm blieb erfreulicherweise stehen. Die Kirchhofmauer wurde ausgebessert. Trotz freiwilliger Arbeitskräfte entstanden Materialkosten in Höhe von 71 Gulden, die der Pfarrgemeinde aufgelastet wurden.

Am 11. 6. 1863 berichtet das königliche Bezirksamt Amberg an die königliche Baubehörde Amberg, dass der Turm im Friedhof (Stephansturm) baufällig sei, was von der Baubehörde gutachtlich bestätigt wurde. Wie ein Witz – oder sollte es Spott sein – liest sich der Bericht der königlichen Regierung der Oberpfalz und Regensburg (Kammer des Inneren) vom 26. 12. 1863: „Der Turm (hat) rücksichtlich seines Baustiles … keinen Wert.“ Der Turm wird in dem Bericht als „nicht sehr alt“ bezeichnet. Und weiter: „wenn ihm in Beziehung auf seine äußere Erscheinung irgend ein Wert beigemessen werden will, so müsste es der Umstand sein, dass er als die Häuser überragendes Bauwerk die Landschaft etwas belebt. Dabei wirkt er aber insbesondere durch die Farbe seiner altersgrauen Mauern und wenn er neu verputzt und übertüncht wird, ist er sicher seines größten landschaftlichen Wertes entkleidet.“

Der verstorbene Ensdorfer Chronist Pater Dr. Hans Zitzelsberger schrieb bereits 1985: „Es ist durchaus wünschenswert, dass der Stephansturm in seiner Bedeutung als geschichtliches Wahrzeichen und als Blickfang des Ortskernes für die Zukunft erhalten bleibt.“

Der „Steffel“ wird nun endlich saniert und künftigen Generationen erhalten.