Christen und Buddhisten im Gespräch

| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung

Über 40 Interessierte waren zum zweiten interreligiösen Gesprächsabend im Rahmen der derzeit noch bis 5. Februar laufenden spirituellen Photo-Ausstellung ins Kloster Ensdorf gekommen. Diesesmal stand der Buddhismus im Mittelpunkt. Sasi Lama war auf Vermittlung des Vereins "Licht für Tibet" in Sulzbach-Rosenberg extra aus Rheinfelden bei Basel an der Grenze zur Schweiz gekommen, um von seinen ganz persönlichen Erfahrungen und Erlebnissen mit der Welt des Buddhismus zu erzählen.

Geboren und aufgewachsen in Tibet, musste er bald sein Heimatland aufgrund der verworrenen politischen Situation dort verlassen und nahm in Indien Zuflucht, wo er gleich zu Anfang Christen kennenlernte und deren große Gastfreundschaft zu schätzen wusste. Seit 20 Jahren lebt Sasi Lama nun in Europa und ist zu vielen Orten unterwegs, um aufgeschlossenen Menschen die anspruchsvolle Lebensphilosophie des Buddhismus nahe zu bringen.

Sein zentraler Glaube, der Buddhismus, ist totale Gewaltlosigkeit und die grundlegende Absicht, die Realität richtig wahrzunehmen und sie nicht sozusagen nach seinem eigenen Gutdünken zurechtzurücken. Von daher kommt die große Dankbarkeit der täglichen Wirklichkeit gegenüber, eine Tugend, die zwar auch andere Religionen leben, aber wohl gerade im Buddhismus von seinem spirituellen Selbstverständnis her geradezu ein sogenanntes Dogma darstellt. Sasi Lama erklärte, dass ein Buddhist nicht an einen Schöpfergott glaube, weil ja der Mensch kein Produkt eines Gottes sei, sondern selbst die ganze Verantwortung für sein Tun annehmen muss. Das werde dann zur bekannten Überzeugung, dass alles Tun und Handeln in einem Bereich des Karmas  zusammenläuft und jeder Mensch zu 100 Prozent die Konsequenzen für seine eigenen Aktionen trägt.

Die Rede war dann weiter von der eigentlichen Selbsterlösung des Menschen in dieser religiösen Weltanschauung, ganz anders als im Christentum, das ja die Erlösung des Menschen durch Gott selber verkündet. Überhaupt wurde immer wieder auf die beiden großartigen Lebensbilder der beiden Religionsstifter "Buddha und Jesus" verwiesen. Sasi Lama unterstrich, dass Buddha durch das ehrliche Umgehen mit der Welt außerhalb seines Prinzen-Palastes mit der Zeit zu ganz neuen revolutionären Einsichten kam, die sich in seinem ganz neuen asketischen Lebensstil zeigte, und zwar gerade auch über das starre System des für ihn unmenschlichen Kastenwesens hinaus, wie er es im Hinduismus erleben musste. Von daher suchte Buddha bis zu dem hohen Alter von über 80 Jahren einen geistvollen Weg zur Befreiung von allem Leiden, was schließlich in die Lehre vom erlösenden Nirwana mündete, eine Ansicht, die ganz im Gegensatz zu allen monotheistischen Religionen steht, wo ja die einzelne Person nicht in einer Anonymität versinkt, sondern jede für sich einen ganz eigenen positiven Stellenwert hat.

Jesus sei eher jemand gewesen, der mit einer ganz wuchtvollen Autorität aufgetreten ist, die ihn als großen Lebens-Optimist hat erkennen lassen, wenn wir ihn z.B. so lebensfroh bei der genußvollen Hochzeit zu Kana erleben, er sich gegen den Vorwurf der Pharisäer verteidigen sollte, er sei ein Fresser und Säufer, weil er immer wieder bei den verschiedensten Treffen mit Zöllnern anzutreffen sei. Und er schaffte diese große Bedeutung für die damaligen und heutigen Christengemeinden in doch sehr kurzer Zeit, nämlich in höchstens zwei oder drei Jahren seines nur 33-jährigen Lebensalters.  
“Buddha und Jesus, beide sind Vertreter einer bedingungslosen Gewaltlosigkeit” betonte Sasi Lama.
Das Christentum könne in dieser ethischen Hinsicht durchaus vom Buddhismus lernen, den nötigen Respekt vor allem Leben zu zeigen, wenn gerade die blutige Spur der Kreuzzüge als "heiliger Krieg" nicht totgeschwiegen werden soll.

Am Schluß wurde an die große Leistung des zweiten vatikanischen Konzils zu Beginn der 60-iger Jahre erinnert, das die wichtige Meinung einer lebensnotwendigen Religions- und Gewissensfreiheit
formuliert hat.  “Ein vollkommener ökumenischer Standpunkt, der gerade heute in unserer kirchlichen Gegenwart immer wieder neu in Erinnerung, ja festgemacht werden muss, gegen alle möglichen Versuche, gerade das christlich-katholische Rad wieder vor jene Zeit zurückzudrehen”; so Pater Alfred Lindner, Initiator der interreligösen Gesprächsabende im Kloster Ensdorf, die wohl einmalig in der fast 900-jährigen Geschichte des Klosters sein dürften.

Sasi Lama bedankte sich für die Einladung aus dem Kloster Ensdorf und interessierte sich für eine mögliche weitere Zusammenarbeit, “weil ein solcher interreligiöser Dialog für unsere moderne Zeit heute einfach unerlässlich ist, damit eben alle sichtbaren Kräfte für den Frieden auf der ganzen Welt wirklich gemeinsam einstehen und aus der menschlichen Verantwortung füreinander für eine bessere Zukunft sorgen können”.