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50 Jahre 2. Vatikanisches Konzil

| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung

Auf den Tag genau vor 50 Jahren begann für die katholische Kirche das so wichtige

2. Vatikanische Konzil in Rom, das 1959 für viele ganz überraschend vom damaligen Papst Johannes XXIII. ausgerufen wurde. Aus diesem Grunde rief Papst Benedikt im Vatikan am gestrigen 11.Oktober das sogenannte „JAHR DES GLAUBENS“ aus. Und auch das Kloster Ensdorf – zusammen mit der katholischen Erwachsenenbildung KEB in Amberg - nahm diesen historischen Tag zum Anlass, an dieses großartige Konzil vor genau 50 Jahren zu erinnern.

Dem Gastreferenten Prof. Dr. Wolfgang Beinert war es ein ganz persönliches Bedürfnis, auf die positive Wirkung und auf die heutigen Chancen dieser bedeutenden Konzilsversammlung von über 2800 Bischöfe und Kardinälen von 1962 bis 1965 hinzuweisen, war er doch damals als Student in Rom live dabei. In seinem intensiven Vortrag unter dem bezeichnenden geistlichen Motto „ Ein Rückblick in die Zukunft“ war deutlich herauszuhören, was in seinen Augen bisher gut verwirklicht worden ist, ebenso klang aber durchaus kritisch an, was in der Kirche heute für unsere moderne Welt immer noch nicht so positiv umgesetzt worden ist, wie es das dreijährige Konzil damals eigentlich vorgesehen, ja gewünscht hat.

„Normal ist eine Zeit von 100 Jahren angebracht, in der die Früchte eines Konzils umgesetzt wären, also haben wir heute genau die Halbzeit dieser Bemühungen“, führte Prof. Beinert aus. „Unsere komplizierte Welt heute verlangt durchaus eine längere Zeitspanne und große Geduld, was ja in der Kirche nichts Neues ist“, legte er in seiner ironischen Art dar. „Die Vision des ‚Aggiornamento’ und das Eintauchen in die aktuellen Fragen des heutigen Menschen gilt es in das 21. Jahrhundert zu übersetzen, dies war die pastorale Absicht dieses Konzils und es verfolgte nicht das Ziel, nur bestimmte Irrtümer zu verurteilen“, meinte Prof. Beinert. „Junge Theologen wie Rahner, Küng, Ratzinger brachten frischen Wind in die Auseinandersetzung mit der römischen Kurie, so dass mit der Zeit ein richtiger Dialog zwischen den vielen Bischöfen aus der ganzen Weltkirche – über Europa hinaus – in Gang gekommen ist. Und diese spirituelle Dynamik im theologischen Gespräch gipfelte sicher in der Spitzenaussage dieses Konzils von der ur-eigenen Religionsfreiheit jedes gläubigen Menschen, ob Christ, Moslem oder Jude. Um dieses für unsere heutige Moderne so fruchtbare Konzils-Ergebnis der Gewissensfreiheit eines jeden Menschen wird gerade heute, genau nach 50 Jahren, wieder neu gerungen und gestritten.“ Und darin sieht Prof. Beinert eine große Chance, dass die Kirche über dieses Konzil wieder an die ursprüngliche Botschaft des Evangeliums Jesu herankommen kann. Vor allem die Gruppe der Pius-Brüder könne sich aber mit diesem wichtigen Konzilsbeschluss zur Religionsfreiheit überhaupt nicht anfreunden.

„Es dürfen aber die seither geöffneten Fenster, die dieser überragende Papst und sein Konzil damals Gott sei dank geöffnet hat, in unserer Kirche bitte nicht wieder geschlossen werden“ - das war der einstimmige Tenor vieler bei diesem spannenden KIRCHEN-TALK-ABEND im Pfarrsaal Ensdorf, an dem dankenswerterweise rund 80 Teilnehmer – darunter sogar eine starke Gruppe junger Menschen -  zugegen waren. An diesem Diskussionsabend über die derzeitige katholische Kirche in der Welt von heute beteiligten sich erfreulicherweise wie gesagt sogar eine Kolleg-Gruppe des Max-Reger-Gymnasiums, viele weitere interessierte Jugendliche vom Dr.-Johanna-Decker Gymnasium in Amberg, die ganz ehrlich von ihrer negativen Erfahrung mit dieser Kirche heute erzählten. Das löste durchaus tiefe Betroffenheit bei den anwesenden Teilnehmern und Teilnehmerinnen aus, wenn z.B. gefragt wurde, wie denn die Zukunft der Kirche aussehen werde, wenn eben nicht mehr auf die Fragen und Anliegen der jungen Menschen heute eingegangen wird.

Wird es eine Art Volkskirche bleiben können oder besteht eher die Gefahr, dass eine kirchliche Groß-Sekte oder sozusagen nur eine kleine Herde entsteht, wie Prof. Beinert befürchtet, wenn die Kirche sich von oben her eben nicht erneuert in Richtung Basis, sondern eher in ihren goldenen theologischen Turm sich zurückzieht, ganz realitätsfremd und eben wie in der Vergangenheit nur deduktiv über die Köpfe hinweg herrscht und deren Alltags-Erfahrungen leider nicht ernst nimmt.

Die neueste wissenschaftliche Sinus-Studie über das Verhalten junger Menschen heute sagt ja klar aus, dass zur Zeit über 90 Prozent überhaupt keine Beziehung zur katholischen Kirche haben wollen.

Die kirchliche Hierarchie bis nach Rom sei nicht gerade motivierend und so bleibe vielleicht nur die Hoffnung auf den nächsten Papst, der dann eventuell wieder mehr bewegen könnte. Manche Stimmen sind sogar von der Notwendigkeit eines weiteren Konzils überzeugt, das dann das sogenannte 3. Vatikanische Konzil sein könnte, obwohl es immer schwieriger würde, weil weltweit jetzt schon über 5000 Bischöfe ihr Hirtenamt ausübten, was für ein sinnvolles Gespräch miteinander nicht gerade förderlich wäre.

Nach einer anregenden Diskussion über verschiedene weitere Stichworte – z.B. auch die nähere Zukunft der  Ökumene -  musste ein Schlusspunkt gesetzt werden, da man sich noch zu einer gemeinsamen Abschluss-Besinnung in der Kirche treffen wollte, die gerade eingerüstet ist, was ja ein tolles Symbol für die derzeitige „Kirche in Bewegung“ oder „Baustelle Kirche“ darstellen könnte. So traf man sich noch zu einer meditativen Einheit in der schönen barocken Asam-Pfarrkirche. Schülerin Kerstin vom Dr. Johanna Decker Gymnasium in Amberg spielte zu Anfang und dann am Ende noch einmal sehr beeindruckend eine anregende Melodie auf dem Saxophon, was vom Klang her sehr gut in die Kirche passte. Ein Kurzfilm in Schwarz-Weiß führte in die aktuelle Atmosphäre des damaligen Konzils ein. Herrn Bayer trug die berühmte „Mondscheinrede“ von Papst Johannes XXIII., die er damals ganz spontan mit voller Begeisterung und Dankbarkeit an die Römerinnen und Römer auf dem Petersplatz gesprochen hat, von der Kanzel herab, vor. Einer der Kernsätze darin lautete folgendermaßen: „Geht jetzt heim zu euren Kindern und gebt ihnen einen Kuss und sagt ihnen: dieser Kuss ist heute Abend vom Papst.“

Die künftige Pastoralassistentin Barbara Hottner von der Pfarrei Hl. Dreifaltigkeit in Amberg trug ein paar persönliche Gedanken über die Bedeutung dieses 2. Vatikanischen Konzils für heute vor. Sie verglich sehr treffend die Situation der Kirche heute mit dem Emmausgang der Jünger, die auch damals schon ähnliche Erfahrungen machen mussten, als sie nämlich mit ihren Fragen und Zweifeln unterwegs waren – und dann Gott sei dank - von Christus persönlich eines Besseren belehrt wurden.

Pater Christian Liebenstein SDB, der Direktor des Klosters Ensdorf, sprach am Schluss noch einige Konzils-Fürbitten – zusammen mit dem gemeinsamen Vater-Unser-Gebet  - und dann noch das kirchliche Segenswort über die ganze Versammlung.