Bibelnacht im Kloster Ensdorf

| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung

Wie jedes Jahr nach der Bergfestwoche in Amberg wurde auch dieses Jahr wieder eine Bibelnacht im Kloster Ensdorf mit Unterstützung der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB Amberg und durch die persönliche Motivation in vielen Pfarreien des Dekanates Amberg-Ensdorf durchgeführt. So kamen rund 100 Gläubige und Bibel-Interessierte zu dieser kreativen interreligiösen Bibelnacht in die barocke Asam-Pfarrkirche St. Jakobus. Sie gab dafür mit ihrem reichen künstlerischen Ausdruck einen würdigen Rahmen.

Lieblingsbibelstellen für jedermann standen im Mittelpunkt. Alexander Klette von der neuapostolischen Gemeinde in Schwandorf war sehr beeindruckt von der wunderbaren Speisung Jesu der 5000. Und er merkte an: „Jesus ist hier für das Wenige dankbar – und verwandelt es so, dass alle satt geworden sind. Sind wir selber auch Gott unserem Schöpfer dankbar für die vielen Erfahrungen in unserem Leben – oder befällt uns doch immer wieder leider ein Glaubenszweifel?“ Ambergs OB Michael Cerny verwies auf das Pfingstwunder beim Evangelisten Lukas und meinte: „Für mich ist diese überraschende Geschichte ein Zeichen für wohltuende Gemeinschaft, wo eben keine Trennung wegen Hautfarbe oder Religion gezogen wird, sondern miteinander gelernt wird, Toleranz und echte Mitmenschlichkeit aufzubringen – und keine Ängste voreinander, was gerade auch für den politischen Alltag gelten sollte“. Weihbischof Josef Graf aus Regensburg überlegte die Bibelstelle, in der Jesus die arme Witwe mit ihrem kleinen Almosen direkt als Vorbild hinstellt – im Gegensatz zu den Schriftgelehrten damals, die er offen kritisiert, weil sie eher auf ihre Opferleistungen stolz sind und sich gerne in der Öffentlichkeit zur Schau stellen. Und humorvoll fügte er hinzu: „Ja ich muss aufpassen, dass ich als Bischof nicht immer wieder gleich zu den Ehrenplätzen eingeladen bin oder sofort dazu gelost werde.“  Der evangelische Pfarrer Johannes Blohm aus Amberg verwies auf eine Stelle im Alten Testament, wo es im Buch Ruth heißt: „Dein Gott ist auch mein Gott“. Für ihn sei dies ein allererstes interreligiöses Bekenntnis in der Bibel – und deswegen natürlich gerade für uns heute eine fröhliche Einladung zu ähnlich erfrischender Versöhnung im Alltag. Sebastian Sonntag aus Amberg kam auf die berühmte Emmausgeschichte zu sprechen. Sie sei für ihn eine interessante Beobachtung wert, weil diese beiden verzweifelten Jünger offenbar durch das einfache Gespräch mit Jesus verwandelt wurden und tiefes Zutrauen zu ihm fanden, gerade mit ihren traurigen Fragen. Und so fragte er nach: „Kann denn nicht auch das ehrliche Gespräch mit Jesus uns in unserer modernen Zeit heute genauso aus unserer Lethargie reißen, indem wir eben wirklich zu einem tiefen motivierenden Gott-Vertrauen finden – trotz unserer Nöte und Sorgen, wie eben die beiden zweifelnden Emmausjünger damals?“ 

Für den ganz besonderen buddhistischen Gast Lama Tendar aus Tibet, ist ein Wort Jesu sehr zentral, wo er sagt: „Liebt doch einander, wie ich euch geliebt habe“. Und diese Zeile sprach er sogar in deutscher Sprache. Tashi Antotsang  übersetzte seine Gedanken und führte aus, dass das Friedensmandala, das schon den ganzen Tag über sehr kunstvoll hergestellt worden war, eben in den vier Farben die vier Himmelsrichtungen und die vier Elemente darstelle. Liebe sei einfach ein anderes stimmiges Wort für Friede. Buddhismus und Christentum sollten ganz praktisch miteinander an diesem wichtigen Ziel auf unserer gemeinsamen Erde arbeiten. Das große farbige  Mandala wurde aber nach buddhistischer Tradition nach der Bibelnacht vollkommen wieder ganz aufgelöst, weil dies ein treffliches Zeichen für irdische Vergänglichkeit und für menschliche Endlichkeit sei. Es war auch das schönste Symbol für das Ziel dieses biblischen Abends, doch unter all den Teilnehmern – und sogar darüber hinaus – so etwas wie eine Harmonie des Friedens, tiefen Ausdruck einer Sehnsucht nach interreligiöser Gerechtigkeit in unserer globalen Welt herzustellen.

Die Studentin Laura aus Regensburg verstand es hervorragend auf ihre eigene Poetry-Slam-Weise  in dichterischer Reimform völlig frei gesprochen die bekannte Geschichte vom verlorenen Sohn auf ganz neue, ja prickelnde Weise, nachzuerzählen, so dass bestimmte Aussagen von ihr wirklich unter die Haut gingen. Für eine mitreißende musikalische Umrahmung sorgte die junge Chorgruppe „HoriSing“ aus Amberg, was deutlich am großen Applaus in der Kirche hörbar war. Ein Chorstück dabei war eine Melodie aus Jesus Christ Superstar und am Schluß stand eine von ihnen toll gelungene Interpretation des Supertramp-Songs  „It´s Raining again“, wo zu einer positiven Gelassenheit im Leben eingeladen wird. Roland Nitzbon, Organist aus Kümmersbruck, verstand es, in beeindruckender Weise einige sehr meditativen Beatles-Songs auf der Orgel zum Besten zu geben, was die Leute sichtlich begeisterte. Die zwei evangelische Christen Heinrich Arweck und Alfons Wanninger aus Amberg, versuchten sich überzeugend an einer kurzen biblischen Theaterszene. Am Ende stand auf großer Video-Leinwand ein Ausschnitt vom berühmten Zefirelli-Jesus-Film, wo der römische heidnische Hauptmann Jesus bittet, seinen Diener zu heilen. Dieses Bibel-Wort ist in jede katholische Messe vor der Kommunion eingeflossen, wenn es heißt: „Herr, ich bin doch nicht würdig, dass du eingehest unter mein Dach und Haus“. Zudem wurden einige Bibelinterviews, die Salesianerpater Alfred Lindner geführt hat,  auf Video gezeigt, unter anderem von den Kardinälen Marx und Lehmann, Bischof Rudolf Voderholzer, der Fußballerin Sarah Däbritz, die früher als Ministrantin in Ebermannsdorf war, der Kabarettistin Lizzy Aumeier aus Neumarkt oder den Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann und Bodo Ramelow .

Eine selbstbewusste Stimme war spontan am Schluss des Abends zu vernehmen: „Ach eine solche oder ähnliche Bibelnacht sollten wir mal selber in unserer eigenen Pfarrei und Kirche zuhause versuchen, mal mit 30 Minuten nur beginnen. Da wird die oft zu fromme Bibel wirklich so richtig verständlich, konkret und erfreulich praktisch für uns heute toll nachvollziehbar.“ „Das Kloster Ensdorf ist bereit. dabei zu helfen, diesen Gedanken in die Tat umzusetzen - nicht erst übermorgen, sondern schon in diesem kommenden Herbst, in der Adventszeit oder spätestens in der Fastenzeit 2020“, versprach Pater Lindner. Jedenfalls wird im nächsten Jahr im Juli die dann 9. Bibelnacht im Kloster Ensdorf durchgeführt. Sicherlich wieder mit neuen Überraschungen und ganz anderen biblischen Ideen und nicht alltäglichen musikalischen Beiträgen.

Ausgeklungen ist der Bibelabend unter dem spirituellen Motto „Wo Milch und Honig fließen“  bei einem gemütlichen Zusammentreffen bei kühlen Getränken oder heißem Kaffee oder Tee im Kreuzgang des Klosters. Dabei gab es wie jedes Jahr das besonders würzige Bibelbrot von der Bäckerei Kredler in Gebenbach nach Originalrezepten aus Israel gebacken: Mit Salz aus dem Toten Meer, Dinkel, Kümmel und Mohn.