Bibel-Nacht in der wunderbaren Asam-Barock-Pfarrkirche St. Jakobus

| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung

Über 60 interessierte Teilnehmer, vor allem auch aus der jungen Generation, waren zur alljährlichen Bibel-Nacht in die wunderbare Asam-Barock-Pfarrkirche St. Jakobus ins KIosterdorf Ensdorf gekommen. Regelmäßig Mitte Juli sind alle christlichen Konfessionen ins Kloster eingeladen, um die Heilige Schrift und das Evangelium Jesu Christi in den Mittelpunkt dieses biblischen Abends zu stellen. Der Schwerpunkt ist dann immer, dass einzelne Personen ihre ganz eigene Lieblings-Bibel-Stelle in einer Minute kurz vortragen.

Am meisten Lob haben sicher die drei jungen Musikerinnen Susi, Nicole und Agnes von der Trachtenkapelle in Hohenburg bekommen, die vier Songs ganz gekonnt instrumental vortrugen. Sie zauberten geradezu mit ihren zwei Querflöten und einer Gitarre einen geistlichen Sound in diese Bibel-Nacht, der mit seiner Stimmigkeit und melodiereichen Symphonie in allen Teilnehmern ein frohes Lächeln hervorrief, weil es einfach zu dieser barocken großzügig angelegten künstlerischen Gestaltung in dieser bunten Kirche so positiv passte.

Zwölf Teilnehmer dieses spirituellen Abends trugen ihre Lieblingsstelle aus der Bibel vor. ganz Den Anfang machten einige Mitglieder der Neuapostolischen Gemeinde aus Schwandorf mit ihrem Leiter Alexander Klette. Ihre Mitwirkung war für alle ein wahrhaft ökumenisches Zeichen, dass alle christlichen Konfessionen sich überzeugend von der Bibel als ihrem gemeinsamen Band leiten lassen. „In Zeiten religiöser Gleichgültigkeit, ja von Erfahrungen des Atheismus im eigentlich christlichen Bayernland, ist es einfach notwendig, die verbindende geistliche Wurzel all derer aufzuzeigen, die sich ganz bewusst am Leben dieses historischen Jesus Christus aus Israel orientieren wollen – und etwa nicht an anderen großen Propheten unserer Tage wie z.B. Mohammed oder Buddha“, so Pater Alfred Lindner.

Im sogenannten „politischen Teil“ dieser Bibelnacht war der erste Bürgermeister von Kümmersbruck, Roland Strehl, zum persönlichen Vortrag gekommen, um ebenso wie die anderen seinen ganz persönlichen religiösen Beitrag zu leisten. Er besann sich auf das Alte Testament Buch Jeremia, Kapitel 29: „Tut der Stadt Bestes“ – und so gelang es ihm, von diesem Wort her, das ihm schon in seiner Jugendzeit durch seinen damaligen Jugendpfarrer begegnet ist, deutlich zu machen, aus welchen Werten heraus er seine politische Verantwortung für seine kommunale Gemeinde im Vilstal wahrnehmen will. Gerhard  Schnabel, 3. Bürgermeister von Rieden, und Hans Ram. SPD-Vorsitzender aus Ensdorf, taten es ihm gleich und wiesen darauf hin, welch christliche Wurzel ihr politisches alltägliches Tun im Team miteinander in der konkreten gesellschaftlichen Praxis als Basis hat. Im dritten Teil dieser Bibelnacht brachte sich dann die aramäischen Freunde aus Amberg und Auerbach ein. Durch Vermittlung der Caritas-Mitarbeiterin Frau Astrid Knab engagierte sich Firaz Egho, der aus Syrien stammt, ebenfalls in dieser Bibelnacht. Zusammen mit Frau Verdi Akdemir und ihren Kindern aus der aramäischen Gemeinde in Auerbach sang diese Gruppe das christliche Vater unser in aramäischen Sprache, die ja die Muttersprache Jesu  war. Es war in dieser Bibelnacht ein ganz besonderer Höhepunkt, dieses christliche Hauptgebet, das als Erinnerung an den gekreuzigten und auferstandenen Herrn Jesus Christus von jedem Christen jedweder Konfession als sein wahres Vermächtnis in jedem Gottesdienst gebetet wird, in der Ursprungsversion wie vor 2000 Jahren heute wieder zu hören.

„Die Absicht dieses Bibelabends war, die oft fast zu gewohnten, ja für viele zu frommen Bibelworte ganz lebendig in die heutige Gegenwart zu übertragen. Das Evangelium Jesu ist zeitlos und so muss es jeweils für die lebende Generation auf eine Art und Weise übersetzt werden, wie es die zuhörenden Menschen vor Jesus selber damals ganz live sozusagen von ihm selber neugierig gehört und dann voller Begeisterung angenommen haben, weil es einfach eine glaubwürdige und passende Antwort auf ihre persönlichen Fragen waren. In diese Motivation der Begeisterung für heute zu kommen, das ist das Ziel jeder Betrachtung der heiligen Schrift in der Kirche heute, wie es regelmäßig in jeder Sonntagspredigt vorgesehen ist“, betont Pater Lindner, der Organisator der Ensdorfer Bibelnacht.

„In der Ensdorfer Barockkirche wurden verschiedene Wege aufgezeigt, die Bibel richtig für heute zu verstehen. Die Ministranten von Schmidmühlen verarbeiteten in vorbildlicher Weise in ihrem Videoclip „Hochzeit zu Kana“ diese Erfahrungen mit einem sehr bekannten Bibeltext. Wenn Maria als Mutter Jesu interviewt wird und sie erzählt, dass sie zunächst von ihrem Sohn nicht ernst genommen wurde, als sie um Hilfe bat, weil bei diesem großen Fest leider der Wein ausgegangen ist, dann ist das ein erfrischender Ansatz, den eben nur junge Leute mit ihrer überraschenden und unkomplizierten Anfrage einbringen können. Was für fromme Ohren sicher unerhört ist, ist für die jungen Leute geradezu selbstverständlich als kritische und zeitgemäße Anfrage erlaubt. Wichtig ist, dass wir uns  als Zuhörer  - und Zuseher im 21.Jahrhundert – angesprochen und eingeladen fühlen, durch diese biblische Verfremdung dann die richtigen Fragen zu stellen und eine angemessene Antwort zu finden, warum dieser Jesus auf der Hochzeit zu Kana nicht nur für die Apostel damals so sympathisch und anziehend war, sondern gerade bei uns heute in unserer modernen Zeit genauso positiv ankommt. Nicht das Faszinierende seines Weinwunders ist also entscheidend, sondern die Überzeugungskraft seiner Menschlichkeit, seine wohltuende Barmherzigkeit und seine großzügige  Freundlichkeit – das ist es, was die Apostel vor 2000 Jahren in die konsequente Nachfolge gebracht hat. Und diese so positiv auffallenden Charakterzüge Jesu  sind es dann auch heute, die viele Menschen begeistert und bewundernswert über diesen Jesus  nachdenken lassen, weil die christliche Bibel auch heute noch als hervorragende Lebens-Beschreibung dieses aramäischen Propheten aus Nazareth erlebt wird und als wunderbare Motivation für die Auseinandersetzung mit den Fragen unserer heutigen Zeit dienen kann.“

Pater Alfred Lindner hat auf ein Kreuz hingewiesen, das der Künstler Gerd Seidel aus Ensdorf für diese Bibelnacht an einem Seitenaltar der Pfarrkirche St. Jakobus aufgestellt hat. Es ist ein sogenanntes Reinigungskreuz, das mit vielen silbernen Scheuerbürsten, wie sie in jeder Küche verwendet werden, in Kreuzesform verziert ist. Dadurch gewinnt dieses Kreuz eine ganz neue Qualität seiner religiösen Aussage, weil diese sicher ungewöhnliche Darstellungsform zu einer Sichtweise auf dieses urchristliche Symbol herausfordert, wie das in dieser kreativen Bibelnacht bei all den anderen Ideen sehr angemessen ist. Und Pater Lindner meinte: „Jedes Kreuzzeichen, das ein getaufter Christ wo auch immer  macht, will uns an das Vermächtnis Jesu erinnern, dass eben der christliche Weg geradezu eine gefährliche Erinnerung daran ist, das Gute im Leben zu vollbringen, was aber oft nicht leicht ist, sondern eine Überwindung unseres eigenen Willens bedeutet.“

Bei der 7. Ensdorfer Bibelnacht lasen zwölf Teilnehmer ihre Lieblingsstelle aus der Bibel.

Melanie Hennig von der Neuapostolischen Gemeinde Schwandorf: Psalm 37, Vers 5. „Gott macht es wohl, aber nicht immer gleich heute oder wenn wir es gern hätten, aber auch nicht immer in diesem Leben, aber immer in alle Ewigkeit“, interpretiert sie.

Roland Strehl, 1. Bürgermeister der Gemeinde Kümmersbruck: Aus dem alttestamentlichen Buch Jeremia, Kapitel 29: „Tut der Stadt Bestes“. „Wir sollen nicht für eigene Dinge sorgen, sondern dass es der Gemeinde und Gemeinschaft gut geht, denn wenn es ihr gut geht. Geht es auch euch gut.“

Hans Ram, Vorsitzender der SPD Ensdorf: Las Matthäus 25, 14 – 30, und betrachtete kritisch das Gleichnis von den Talenten: „Das Himmelreich ist wie mit einem Mann, der auf Reisen ging. Er rief seine Diener und vertraute ihnen sein Vermögen an…“

Verdi Akdemir (hellblaues Shirt aus Auerbach mit Kindern) und Firas Egho (Flüchtling aus Syrien) sangen eindrucksvoll das Vater Unser aus aramäisch, der „Muttersprache“ Jesu. „Wir sind alle Kinder Gottes – egal welche Sprache wir sprechen.“