Bibelkreis zur "staaden Zeit"

| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung

Advent ist die so genannte staade Zeit. Dies kann aber leicht untergehen, wenn die alljährliche vorweihnachtliche Zeit für viele Menschen einen Stressfaktor darstellt, nicht nur deswegen, weil ja die Weihnachtsgeschenke gut ausgesucht werden müssen. Der Bibelkreis in der Pfarrei Ensdorf möchte hier ganz bewusst ein Gegengewicht einbringen.

In der wöchentlichen Gesprächsrunde stand die einfache Motivation im Vordergrund, sich auf die eigentliche adventliche Botschaft der Bibel einzulassen, dass nämlich in dem kleinen jüdischen Ort Bethlehem tatsächlich der Retter und Heiland für unsere Welt geboren wurde

Am Mittwoch zum Evangelium des vierten Adventssonntages von der Geburt des Jesus-Kindes fanden sich elf interessierte evangelische und katholische Christen im Kloster der Salesianer Don Boscos ein, um gemeinsam Erfahrungen mit diesem bekannten biblischen Text auszutauschen. Sie kamen bis aus Amberg nach Ensdorf. Gerd Seidel aus Ensdorf meinte: „Wenn Gott in Bethlehem wirklich Mensch wird, dann ist das doch ganz ideal, weil dann wissen wir Menschen sogar aus erster Hand, wie wir auch heute in unserer modernen Zeit als gute Menschen leben können. Und wir schaffen es dadurch viel besser auch mit unseren eigenen Schwächen richtig um zu gehen.“

An dem Abend wurde ein achtminütiger Ausschnitt aus dem berühmten Jesus-Film des Regisseurs Zefirelli gezeigt: Maria bringt ein Baby zur Welt – den Sohn Gottes, den Messias. Nicht nur damals vor 2000 Jahren war diese Nachricht für viele ein Skandal und ein Ärgernis. Auch heute können sich viele Menschen nicht vorstellen, dass ein allmächtiger Gott sich in ein solch kleines Kind erniedrigt – und das Los aller Menschen teilt - bis hin zum Leiden am Kreuz.

Birgit Schwalbe-Eberius, evangelische Pfarrerin in Rieden, dachte schon an ihren Predigt-Beitrag am hochheiligen 24. Dezember als sie erzählte: „Das Weihnachtsfest ist hochspannend. Aber wer weiß schon noch, was da wirklich gefeiert wird. Im Radio hörte ich auf die Frage, wie denn der Sohn von Maria und Josef heiße, ein paar Mal die Antwort ‚Ja doch sicher auch Josef’. Gerade Traditionalisten gehen in den Gottesdienst, weil sie offenbar noch eine Sehnsucht zieht – nach einer friedvollen Welt. Aber sie übersehen leider, was der eigentliche Grund für Weihnachten ist. Ich hoffe deswegen, dass wir in der Predigt die Menschen ein kleines Stück an diese so großartige Botschaft ‚Gott wird Mensch’ heranführen können.“

Der Evangelist Matthäus ist es ja in besonderer Weise für die bekannten Informationen in der Weihnachtsgeschichte verantwortlich, weil er z.B. ganz ausführlich von den Hirten und in ganz spezieller Weise von den Sterndeutern und Magiern aus dem Osten berichtet, die bereitwillig dem leuchtenden Stern zum Kind im Stall von Bethlehem folgen.

Dieser Matthäus trat an diesem biblischen Abend sozusagen selber „ganz live“ in der Person von Pater Alfred Lindner vor der Runde auf und betonte: „Ich möchte euch gerne erzählen, warum ich mein eigenes Evangelium geschrieben habe. Paulus weiß praktisch nichts vom historischen Jesus und so wollte ich ganz bewusst auf diese historische Ebene kommen und z.B. erzählen, wie Josef es geschafft hat, sich mit seiner schwangeren Frau Maria so ehrlich auseinander zu setzen, dass er sie nicht verlassen hat, sondern ihr geglaubt hat, dass dieses Kind vom heiligen Geist stammt. Außerdem bitte ich euch, mir zu glauben, dass wir uns vier Evangelisten – Johannes in seiner spirituellen Gemeinde wird sicher auch noch ein eigenes Evangelium schreiben, aber ein ganz anderes als ich – dass wir uns eben nicht widersprechen, obwohl wir manchmal sogar etwas Gegensätzliches erzählen. Uns ist die Wahrheit, unseres ganzen Evangeliums wichtig. Und so hoffe ich, dass bis ins 21. Jahrhundert hinein auch mein Matthäus-Evangelium immer noch gelesen werden wird, auch wenn in Zukunft sicher mal Leute auftreten werden, die sich nicht an historische Tatsachen halten, sondern ihren eigenen Wünschen nachgehen und sozusagen nach ihrem eigenen Maßstab nur ‚postfaktische Daten’ gelten lassen wollen. Ich freue mich, wenn ich dieser eventuellen Gefahr mit euch zusammen glaubwürdig entgegentreten kann.“

Nach einem kurzen Gebet und einem kleinen adventlichen Geschenk von zwei „kleinen Talenten“ für jeden, saß die kleine Gruppe noch gemütlich beisammen. Pater Lindner wies darauf hin, dass am kommenden Mittwoch, 21. Dezember, wieder um 19.00 Uhr im Konferenzzimmer des Klosters der Bibel-Gesprächs-Kreis, dann zum letzten Mal vor Weihnachten, stattfindet. „Noch einmal eine Chance für jung und alt - für die jetzige ‚staaaade Zeit’.“