Talk-Runde „Schöpfung-Evolution-Urknall“

| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung

In den letzten Tagen der Ausstellung zum 50-jährigen Gedenk-Jubiläum des 2.Vatikanischen Konzils fand noch mal ein interessanter Talk-Abend statt, mit einem Impulsreferat und kurzem Video-Film über die Urknall-Theorie und anschließender heißer Diskussion.

Mitte Oktober war das wichtige Stichwort die heutige kirchliche „Religionsfreiheit“, als jugendliche Moslems mit jungen Christen ganz ehrlich miteinander über gemeinsame Erfahrungen in ihren beiden je eigenen Religionen sprachen, z.B.. auch über die tiefe Verbundenheit im Glauben an einen einzigen allmächtigen Schöpfergott MZ Berichtete), der natürlich schon vor dem Urknall existiert hat und eben alles in die entsprechenden Wege geleitet hat,  so wurde als weitere schöne Frucht dieses pastoralen Konzils vor einem halben Jahrhundert am zweiten intensiven Talk-Abend dann das interessante biblische Schöpfungsthema in der Spannung zur modernen Evolutions-Theorie direkt durchleuchtet. Wie ist eigentlich der aller erste Entstehungs-Prozess von Leben im All zu verstehen? Im Alten Testament tauchen ja zwei völlig verschiedene Schöpfungsberichte auf., gleich auf den ersten Seiten der Bibel. Die jüdischen Schriftsteller damals wussten über diese Unterschiede natürlich Bescheid, sie sahen sie aber nicht als Widerspruch, sondern als tolle Ergänzung.

Pater Lindner, Salesianer Don Boscos im Kloster Ensdorf, führte mit stichhaltigen Argumenten in seinem religiös-wissenschaftlichen Impulsreferat aus, dass allein die erfreuliche Tatsache, dass eben zwei völlig verschiedene Schöpfungsberichte in der Bibel stünden, ein deutlicher Hinweis darauf sei, dass die Bibel nicht wörtlich, sondern „symbolisch“ im Sinne der Verfasser gelesen werden müsse. Wenn im ersten von sieben Tagen der Schöpfung die Rede ist und im zweiten von nur einem einzigen langen Tag, dann sei wohl bewiesen, dass die Bibel nicht als biologisches Naturbuch, sondern als spirituelles Glaubensbuch zu lesen sei. Jahwe, der alleinige Schöpfergott, sei verantwortlich für Alles im Weltall, also dann auch für die moderne naturwissenschaftliche Theorie vom Urknall und von der praktischen Evolution des Menschen aus einer kosmischen Ur-Zelle heraus. „Einer der bekanntesten Astronomen in Deutschland, Prof. Harald Lesch, traut sich ganz souverän zu sagen: wir wollen ja nur bis 0,001 Sek. nach dem Urknall forschen. Darüber hinaus und über die Zeit vor dem Urknall – dieses ist Aufgabe der Theologen in allen Religionen“, informierte Pater Lindner. Nicht der Andersgläubige sei der Gegner, sondern jeder Atheist, der wirklich glauben möchte, dass unsere komplizierte, aber so wunderbare Welt im Kosmos tatsächlich per bloßem Zufall entstanden sei

Selbst die moderne Naturwissenschaft sei heute bescheiden, wenn sie etwa von einem „anthropischen Prinzip“ spricht: alle Naturgesetze seien wie aus einem Guss gemacht, für den Menschen als Ziel.

Das seit ein paar Jahren so weltbekannte Higgs-Materie-Teilchen, das offenbar im Forschungszentrum CERN in Genf endlich entdeckt wurde, hat ja bekanntlich in diesen Tagen großes Aufsehen erregt, indem es den Physik-Nobelpreis in Oslo bekommen hat. Und es wird ironischerweise sogar „Gottesteilchen“ genannt, weil es derzeit einen ganz entscheidenden Schluss-Stein im atomaren Aufbau der weltlichen Materie darstellt. Pater Lindner SDB legte besonderen Wert darauf, hinzuweisen, dass seit dem 2. Vatikanischen Konzil niemand mehr Angst zu haben braucht, dass die christliche Religion in der Begegnung mit der modernen Welt auf dem Abstiegs-Gleis stehen würde. Im Gegenteil: gerade die neuesten Erkenntnissen der Astronomie könnten eine „neue Ehrfurcht“ vor dem wunderbaren Geschehen in der göttlichen Schöpfung hervorbringen. Jeder könne selber bei einer sternklaren Nacht das Experiment des abrahamitischen Augenscheins wagen, sich unter den schönen Sternenhimmel zu stellen – und seinen emotionalen Gefühlen freien Lauf lassen. Der Mensch sei zwar einerseits so winzig in der galaktischen Milchstraße und so einsam im riesigen Universum, andererseits ergehe aber an ihn der verantwortliche Auftrag aus der Bibel, sich die Erde untertan zu machen – und sie gemeinsam zu bebauen und wie ein guter Hirte zu behüten. In der Vergangenheit wurde der erste Schöpfungs-Auftrag in der Bibel leider viel zu ernst genommen, die Erde also unnötig ausgebeutet und unwiederbringlich zerstört.

Erst im 21. Jahrhundert dämmere es unserem irdischen Planeten, dass wir die natürliche Ordnung unserer Umwelt respektieren und auf die materiellen Ressourcen unserer Erde achten müssen, wollen wir nicht, dass der Meeresspiegel katastrophal steigt und z.B. Holland oder Pakistan im Wasser untergeht. Handeln wir also im besten Sinne „enkeltauglich“ - und nicht nach dem billigen Motto „nach uns die Sintflut“, meinte eine Teilnehmerin in dieser wissenschaftlichen Talk-Runde.

Das Kloster Ensdorf will als sogenanntes „grünes Kloster“ ganz stark dafür motivieren, in den wichtigen Energiefragen bewusst nach alternativen Möglichkeiten zu schauen. In Ensdorf engagiert sich nicht nur das ZEN in diesem gesellschaftspolitischen Anliegen, sondern auch das Haus der Begegnung bringt in seiner regelmäßigen Bildungsarbeit gerade für die jungen Menschen Themen wie „Nachhaltigkeit in der Schöpfung“ auf die Tagesordnung, wenn nebenbei die Solarzellen auf dem Hausdach und die bewährte Hack-Schnitzel-Anlage für die Heizung in den Zimmern der jungen Gäste ganz persönlich spürbar eingesetzt wird. Bei Atomenergie und Erdöl also STOP!! Der heilige Franziskus von Assisi mit seinem nachdenklichen Sonnengesang habe diese neue Geschwisterlichkeit als Appell vorgelebt, wenn er vom Bruder Tod, vom Bruder Wolf sprach – und zu den Vögeln als seinen Mit-Geschöpfen von Gott predigte.