Erste Bilanz des neuen Schulleiters

| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung

100 Tage gesteht man einem neuen Regierungschef zu bevor die Presse eine erste Bilanz zieht. Seit offiziell 4. August also exakt 104 Tagen „regiert“ nach der langen „Ära Riß“ nunmehr Schulleiter Siegfried Seeliger die Hauptschule Ensdorf. Für die „Mittelbayerische Zeitung“ Grund genug, einmal nachzufragen.

Kennen gelernt hat der neue Schulleiter die Ensdorfer Schule bereits früher bei einer Fachtagung Sport. „Schon damals gefiel mir die schöne, kleine, saubere und aufgeräumte Schule in der Nähe meines Wohnortes“, erzählt Siegfried Seeliger der „Mittelbayerischen Zeitung“. Somit war vorgeprägt, dass er sich im Frühjahr um die ausgeschriebene Stelle des Schulleiters beworben hat. „Der damalige positive Eindruck hat sich bestätigt“, lobt er. „Die Ensdorfer Hauptschule ist eine kerngesunde, ländliche und überschaubare Volksschule, in der sich Schüler und Lehrer wohl fühlen und gute Leistungen erbringen können; jeder Einzelne als eigenständige Persönlichkeit wahrgenommen und angenommen werden kann und keine x-beliebige Nummer ist; die Schülerinnen und Schüler durch den Besuch einer wohnortnahen Schule auf ganz natürliche weise eine gesunde Bindung zu ihrer Heimatgemeinde entwickeln können.“

„Schreiben S’ nicht so viel über mich, die Schule Ensdorf zählt, nicht ich“, meint der neue Schulleiter gleich zu Beginn des Gesprächs bescheiden. Sein allgemeines Motto lautet nach Martin Luther King: „The function of education is to teach one to think intensively and to think critically. Intelligence plus character – That is the goal true education” oder: Intelligenz heißt in Wirklichkeit: 5 Prozent Inspiration und 95 Prozent Transpiration!

Im Sinne seines Vorgängers Dieter Riß will Seeliger dessen Arbeit fortführen, „aber auch eigene Ideen und eigenes Wissen einbringen“. Er will „Natürliches, nichts unnatürlich Aufgesetztes, sondern das Normale“. „Man kann nicht alles machen. Wer alles macht, macht nichts richtig. Überzogenes gibt es in der Welt unserer Jugend schon genug!“ ist er überzeugt. „Und trotzdem muss Schule nicht immer nur Kernunterricht im 45-Minuten-Takt und in den vier Wänden des Klassenzimmers bedeuten.“ Beispiele dafür sind die Arbeitsgemeinschaften (Orff-Gruppe, Umwelt, Technik, Zeitung und Schülerzeitung), der von ihm entwickelte „Ensdorfer Lernplaner“ als Kommunikation zwischen Eltern und Schule, in dem er sich an die „Schulfamilie“ wendet und die Hauptschule Ensdorf so beschreibt: einmalige Lage, tolle Schülerinnen und Schüler, nette Lehrer und Lehrerinnen, verständnisvolle Eltern, super gepflegte Schulanlage, 1a Unterstützung durch Gemeinde und Wirtschaft. Weitere Beispiele sind die Sportarbeitsgemeinschaft mit der DJK Ensdorf, Erste-Hilfe-Kurs und Schulsanitäts-dienst, Quali-Training zur Prüfungsvorbereitung, viele Aktionen rund um den Gesundheitstag wie Saft pressen, Gesunde Küche, Drogen-/Alkoholmissbrauch bis hin zur Teilnahme am morgigen Ensdorfer Internationalen Wandertag.

Besonders liegt Schulleiter Seeliger die „vertiefte Berufsorientierung“ am Herzen. In einem Gesamtkonzept gibt es dazu Maßnahmen von der 5. bis zur 9. Klasse. Zum Beispiel Orientierungspraktikum in Lehrwerkstätten (7. Klasse), Betriebspraktika und Berufsvorbereitungstage (8. Klasse), professionelles Bewerbungstraining und einwöchiges Arbeitsmarktseminar (9. Klasse), wobei das Kultusministerium und die Bundesanstalt für Arbeit wo immer möglich zur Finanzierung herangezogen werden. Oder die Zusatzqualifikation ECDL (8. und 9. Klasse), ein weithin anerkannter Computerführerschein. „Die Schule ist verantwortlich, dass die Schüler in den nächsten Schritt einmünden. Der Erfolg einer Hauptschule bemisst sich daran, dass sie den Schülern den nächsten Weg sichert und sie begleitet. Wie kommen die Schüler im Beruf unter? Auch daran misst sich der Erfolg einer Hauptschule“, so Seeliger.

Der Schulleiter betont die hervorragende Zusammenarbeit und Unterstützung durch die Gemeinde und den Schulverband sowie dem Elternbeirat und ansässigen Firmen etwa bei der Beschaffung von USB-Sticks für die Einführung der „Digitalen Schultasche“ für jeden einzelnen Schüler, wobei die Firma ARADOS 50 Prozent der Kosten übernommen hat. Oder die Unterstützung der Raiffeisenbank Unteres Vilstal und don bosco Druck & Design, die den Lernplaner finanziert haben.

Wichtig ist Schulleiter Seeliger, „dass immer mehr Aktivitäten und Ideen aus immer mehr Richtungen, von immer mehr Köpfen und verteilt auf immer mehr Schultern kommen – nix Aufgesetztes. Und das entwickelt sich an der Hauptschule Ensdorf sehr gut!“ Ferner: Dass Hauptschule in ihren Möglichkeiten wahrgenommen wird, und nicht als „Abstellgleis“. „Nicht umsonst sind die Akademiker von Morgen zu einem hohen zweistelligen Prozentsatz  nicht mehr die Abiturienten. Ehemalige Hauptschüler leisten in Beruf und Praxis Hervorragendes, viele sind mittlerweile Meister, Techniker, Ingenieure, leiten einen Betrieb usw.“, so der neue Schulleiter. Sein Fazit: „Schule kann und soll auch Spaß machen – muss aber andererseits Leistungswillen wecken und fördern, Leistung abverlangen und gerecht vergelten, eigene Wege ermöglichen im Lernen und im Miteinander, Grenzen aufzeigen und Disziplin abverlangen, da wo es erforderlich ist und die Fairness sie gebietet. Das ist meines Erachtens in der wohnortnahen, übersichtlichen Hauptschule noch sehr gut möglich – ganz ohne ‚Schultourismus’!“

Die „hohe Politik“ sei hier gefordert, den Spielraum für Regierung und Schulamt weiter zu fassen, so dass individuelle Lösungen auf dem „flachen Land“ möglich sind, so Seeliger. „Aber auch die lokale Politik muss versuchen, das Ganze vor den (eigenen) Teilen zu sehen und überzogenen Lokalpatriotismus zurückstellen.“