Bibelkreis zum 50jährigen Gedenken der Mondlandung

| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung

Am Anfang des heißen Diskussionsabends über die Religionsfreiheit von möglichen Außerirdischen, der im Kloster Ensdorf vom Bibelkreis im Rahmen des 50jährigen Gedenkens der historischen Landung des ersten Menschen auf dem Mond 1969 organisiert wurde, stand ein einfacher blauer Luftballon im Mittelpunkt. Dann explodierte er mit einem lauten Knall. Das sollte den sogenannten wissenschaftlichen Urknall vor 13,7 Milliarden symbolisieren, der am Anfang jeder Entwicklung auf unserer blauen Erde im riesigen Weltall steht, wie die moderne Astronomie das mit ihren messbaren Methoden festgestellt hat.

Dr. Jürgen Kemmerer von der Sternwarte in Regensburg führte in seinem halbstündigen Vortrag weiter aus, dass bis etwa 1988 noch kein Planet außerhalb unseres Sonnensystems entdeckt worden war. Seit diesen vergangenen 30 Jahren aber wurden rund 4000 sogenannter Exoplaneten gefunden – in 3000 Sternensystemen! Und er gab sein Bekenntnis: „Ja, zu 100 Prozent gibt es im riesigen Universum habitable Planeten, d.h. Orte, auf denen Leben entstehen kann. Und ich denke auch, dass sich darunter intelligentes Leben – sprich religionsfähiges Leben –  entwickeln kann“.

Diese Aussage nahm Dr. Alexander Loichinger aus München, Fundamentaltheologe und Religionswissenschaftler an der Universität Mainz, zum Anlass, seine eigenen theologischen Gedanken zu diesem wissenschaftlichen Anliegen vorzutragen und dann pastorale Konsequenzen zu ziehen, wie sich denn die Religion und insbesondere der christliche Glaube in dieser universell globalen Sichtweise rechtfertigen könne. So betonte er: „Wenn wir eines Tages über den Mond hinaus fliegen -  etwa zum Mars oder noch viel weiter, dann würden wir uns sehr wundern, wenn wir nur tote Materie feststellen müssten. Die moderne Astrophysik redet schon heute von vielen außerirdischen Planeten, auf denen intelligentes Leben entstehen kann. Solche möglichen Aliens würden dann eher unseren irdischen Schöpfungsglauben bestätigen, da im christlichen Verständnis ja Gott der ursächliche Urheber von Leben sein will – und nicht nur für tote Materie zuständig sein kann“. Aus dieser Überzeugung heraus plädiere er auch dafür, dass erst diese mögliche Pluralität und Diversität von Leben im Weltall ein plausibles Zeichen von göttlicher vollkommener und allmächtiger Schöpfung ist, so wie das seit den Zeiten eines Thomas von Aquin im eigentlich sonst so finsteren Mittelalter in der katholischen Kirche eigentlich immer gelehrt worden sei. „Eigentlich ist es irritierend, wenn der christliche Schöpfergott in seiner ewigen Fülle heraus nicht auch noch denkende Wesen über unsere Erde hinaus im Universum erschaffen hat. Oder würde uns das eher ein Minderwertigkeitsgefühl vermitteln, weil wir dann nicht mehr die einzigen im unendlichen All wären? Würde uns auf Erden das schöne Alleinstellungsmerkmal, dass wir wirklich die einzigen im Weltall wären, einfach schmerzlich fehlen?“ Dr. Loichinger trat für einen notwendigen Bewusstseinswandel in der christlichen Religionserfahrung ein, wer denn wirklich die besseren Abbilder Gottes im Universum seien. Er erinnerte an die berühmte ganz praktische jüdische Geschichte, dass doch etwa beim Jüngsten Gericht die Tiere mit vor den Schöpfer hinträten und die Menschen anklagten, warum sie denn die Umwelt und darin die Tiere so schlecht behandeln und direkt vernichten würden. „Gott ist so groß und souverän, dass er selbstverständlich über unsere kleine Erde hinaus im wunderbaren Kosmos für vernünftiges Leben sorgen möchte. Warum sonst hätte er über die an sich brutale Evolution vom Urknall her den interstellaren Raum so unendlich groß werden lassen wollen?“. Und er zitierte Psalm 144, dass doch Gott selber uns Menschen keine Zuwendung schuldig sei, sondern alle Geschöpfe Gott überhaupt zu Dank verpflichtet seien, dass sie überhaupt in die je unterschiedliche Existenz gerufen sind.

Über diese Thesen der beiden Referenten aus Regensburg und München ergab sich eine heiße und leidenschaftliche Diskussion. Eine bunte Lava-Lampe war zu sehen, wie sie als ein perfektes Zeichen und Symbol für den Zustand unserer heutigen Erde im Weltraum erlebbar ist, da wir ja keinen Planet B haben und allein auf unsere Erde angewiesen sind, wie gerade auch der deutsche Astronaut Alexander Gerst sehr eindruckvoll darstellt. Was jeder auf Erden hier macht, auch unbewusst, hat direkte Auswirkungen auf die ganze globale Welt. Die „Friday-for-Future-Generation“ ermahnt vor allem die Politiker, doch bitte ernsthaft gegen den gefährlichen Klimawandel etwas Spürbares zu unternehmen. Und Papst Franziskus wird nicht müde, alle darin zu bestärken: „Planet Earth First – und nichts anderes gilt“. Ein Teilnehmer brachte es für sich selber ganz humorvoll auf den Punkt: „Ich bin eigentlich als Atheist in den heutigen so interessanten, ja außergewöhnlichen Vortragsabend gekommen. Aber diese konkreten Überlegungen zu unserem Problem der Religionsfreiheit möglicher Außerirdischer haben mich total überrascht und sehr nachdenklich gemacht, weil ich diese kirchen-kritischen und so tiefen religiösen Gedanken gerade von einem Theologen Dr. Loichinger als sehr glaubwürdig anerkennen muss und mich in meiner atheistischen Meinung regelrecht ausgehebelt sehe.“  Religionslehrerin Marianne Moosburger aus Hahnbach verwies auf  Pater Guy Consolmagno, den Leiter der vatikanischen Sternwarte. Dieser Jesuit in Diensten von Papst Franziskus erklärt, dass mögliche Wesen im Weltraum, wenn sie auch wie wir neugierig nach dem Wesen der Existenz Gottes fragen würden, „eben keine Aliens mehr sind, sondern vielmehr unsere Geschwister“.

Die biblische Gesprächsrunde mit 30 Teilnehmern im Kloster Ensdorf befasste sich mit sehr anspruchsvollen spirituellen Gedanken zu einer Thematik, die direkt an den innersten Kern christlicher Glaubenserfahrungen rütteln. Aber es war von vielen Teilnehmern eine sehr persönliche Zugangsweise zu spüren, wie denn Religion in der Auseinandersetzung mit den neuesten Erkenntnissen von moderner Naturwissenschaft und Astronomie nicht in Widerspruch mit den bekannten biblischen Aussagen vom Sieben-Tage-Schöpfungsbericht, von Adam und Eva, der Sintflut usw. geraten muss. „Wir müssen immer mehr lernen, die Bibel in unserem heutigen Weltbild richtig zu lesen. Dann kommen wir sogar zu einem noch größeren Gottesbild und zu einem Erlebnis von motivierender Frömmigkeit, die direkt auf das Vorbild Jesu selber, des guten Hirten gerade im Johannes-Evangelium, wie zu einer erfrischenden Quelle für den Sinn unseres modernen Lebens zurückführt“, so Salesianerpater Alfred Lindner vom Kloster Ensdorf. Abschließend erging herzliche Einladung, dass zu Beginn der Sommerferien jeweils freitags, samstags und sonntags um 18.00 Uhr eine 35-minütige Vorführung im kleinen sogenannten Schüler-Planetarium auf dem Klostergelände sein wird (direkt bei der Hackschnitzelanlage, gleich neben der nördlich von jungen Leuten so bunt religiös bemalten Klostermauer). Mit 300 farbigen Elektro-Leuchtdioden-Sternen, mit einem kurzen Evolutionsfilm, mit einem Sternen-Song und am Ende mit einem Weltraum-Quiz, bei dem es zwei Kinokarten als Preise zu gewinnen gibt. Ein schöner Ausflug für eine kleine Gruppe, wie Familien oder auch einzeln interessierte Personen jeden Alters.