Pfarrer Hermann Sturm verabschiedet sich nach fast 21 Jahren in Ensdorf

| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung

Am 1. Adventsonntag 1998 übernahm Salesianerpater Hermann Sturm in Nachfolge von Pater Sebastian Raß die Pfarrei Ensdorf. Am 22. September 2019 verabschiedet er sich nach fast 21 Jahren und geht zum Kloster Benediktbeuern, wo er als 77-jähriger in einer benachbarten Pfarreiengemeinschaft weiter tätig sein wird.

Hermann Sturm wurde am 6. Februar 1942 in Stetten bei Mindelheim im bayerischen Schwabenland geboren, hatte fünf Geschwister. Die Eltern – sein Vater verunglückte tödlich als er gerade mal zwei Jahr alt war, die Mutter verstarb mit 68 Jahren – betrieben eine kleine Landwirtschaft. Nach der 5. Klasse Volksschule besuchte er das Gymnasium Mindelheim und wechselte 1958 ans Gymnasium der Salesianer in Buxheim, besuchte 1961/62 das Noviziat in Ensdorf und legte 1965 das Abitur in Buxheim ab. 1965 bis 1967 machte er am Schülerheim Bamberg ein Praktikum. Von 1967 bis 1973 studierte Hermann Sturm an der Hochschule der Salesianer in Benediktbeuern Sozialpädagogik, Philosophie und Theologie und wurde dort 1973 zum Priester geweiht. Dann arbeitete er bis 1979 in der Jugendhilfeeinrichtung in Pfaffendorf/Unterfranken, bis 1989 leitete er das Internat des Berufsbildungswerk der Salesianer in Würzburg, bis 1995 die Jugendhilfeeinrichtung Pfaffendorf und bis 1998 das Jugendheim Stella Maria in Kempten.

Als das Jugendheim geschlossen wurde, übernahm Pater Hermann Sturm die Salesianerpfarrei St. Jakobus in Ensdorf als Pfarradministrator. „Ich wurde völlig in’s Wasser geschmissen und musste mich durchrudern. Der Anfang war nicht leicht, denn eine Pfarrei zu leiten, war für mich eine völlig neue Aufgabe“, erinnert sich der Geistliche noch heute. „Es gab Gewohntes, aber auch immer wieder Herausforderungen bezüglich der Seelsorge. Was kann man tun? Was hilft weiter? Was fördert?“ Vieles hat er zusammen mit dem Pfarrgemeinderat und anderen Gremien versucht und auch unternommen. „Wir haben wirklich versucht in allen Bereichen eine lebendige Gemeinde zu werden und zu sein“, betont Pfarrer Pater Hermann Sturm im Gespräch. „Manches kam gut an, manches lief ins Leere. Auch mit der Jugend haben wir Verschiedenes versucht und angeboten, auch wenn dies immer etwas schwierig war. Ich habe mich bemüht mit allen Altersgruppen Kontakt zu pflegen. Aber Kontakt heißt noch nicht Kirchlichkeit, gerade in unserer Zeit. Der gute Kontakt, die guten Begegnungen, gut menschlicher Umgang heißt noch nicht Gottesdienstbesuch. Wobei  mich der gute Kontakt, die guten Begegnungen schon sehr freuen und auch aufgebaut haben. Das andere knabbert schon an meiner Seele. Ich kann ehrlich sagen, dass ich mich wirklich immer bemüht habe und mir persönlich sehr wenig Zeit gegönnt habe. Aber die Seelsorge war mir einfach wichtig.“ Damit waren auch so manche Angebote, vor allem gottesdienstlich verbunden. Kindergottesdienst mit einem guten Team, Ehejubiläen, Franziskusgottesdienst mit Tiersegnung, Schülergottesdienst, bis zu seinem 70. Lebensjahr Religionsunterricht, weil ihm die Kinder und die Beziehung zu ihnen sehr wichtig war – gerade auch im Blick auf Erstkommunion und Firmung. „Wo kommt man sonst mit den Kindern in Beziehung? Das merkte ich gerade negativ in den letzten Jahren. Ein Pfarrer ohne Religionsunterricht steht auf verlorenem Posten. Man bekommt immer mehr zu  spüren, dass der Kontakt zu Eltern unter 50 Jahren und deren Kontakt zur Kirche immer weniger wird und damit auch zu deren Kindern“ so Pfarrer Sturm. „Und wie gewinne ich die Jugend? Es ist eher schwieriger geworden in den letzten Jahren. Die Seelsorge insgesamt ist schwieriger geworden, Man kommt an die Grenzen“, bedauert der Geistliche.

„Gott hat mich von Klein auf geführt, den Weg gewiesen und mich begleitet, auch auf dem Weg hin zum Salesianer und Priester, auf den verschiedensten Lebenssituationen. Lebendige Kirche ist kein Fertigprodukt, sondern die Tat engagierter Christen. Wenn das alle verstanden haben, dann kann ich mit Alfred Delp sagen: ‚Lasst uns dem Leben trauen, weil wir’s nicht allein zu leben haben, sondern weil Gott es mit uns lebt!’“ betont Pfarrer Pater Hermann Sturm.

Mit 77 Jahren sei es an der Zeit, das Amt eines Pfarrer abzugeben, meint Pater Hermann Sturm. So bat er seine Ordensoberen, ihn nach Möglichkeit näher bei seiner Heimat einzusetzen. Uns so kommt er zum 1. Oktober zum Kloster Benediktbeuern - wo er auch studiert und zum Priester geweiht wurde - um von dort aus in einer benachbarten Pfarreiengemeinschaft mitzuarbeiten. Die Entscheidung der Ordensleitung begünstigte der Umstand, dass bei Chemnitz nun  Pfarreiengemeinschaften gebildet werden, und dabei Pater Slawomir, ein Salesianer aus Polen, frei wurde. Er übernimmt die Pfarrei St. Jakobus in Ensdorf und war schon einige Jahre in der Oberpfalz und über zehn Jahre in der Nähe von Chemitz als Pfarrer tätig.

Pfarrer Pater Hermann Sturm war Vorsitzender der Caritas-Sozialstation Ensdorf sowie Gesitlicher Beirat des Katholischen Frauenbundes, der Ensdorfer Pfadfinder und der DJK Ensdorf.

Pater Hermann Sturm war in seinen knapp 21 Jahren in der Pfarrei St. Jakobus in Ensdorf  auch als „Baupfarrer“ tätig:  Die St.-Magnus-Kirche in Hofstetten und die Kirche St. Magdalena in Wolfsbach wurden renoviert, dort der neue Volksaltar und die neue Orgel eingeweiht, die Eggenbergkirche innen und außen saniert, das Eggenberghaus instand gesetzt. Saniert wurde auch die St.-Magnus-Kapelle in Uschlberg, der Kirchenaufgang zur Thanheimer St.-Bartholmäus-Kirche erneuert, Volksaltar und Ambo geweiht, die Beleuchtungs- und Brandmeldeanlage der Pfarrkirche St. Jakobus in Ensdorf fertig gestellt, der Glockenstuhl saniert. Die Renovierung des Pfarrhofes ist abgeschlossen, 2006 wurde die Fassade des Kirchturms saniert und das Kreuz samt Kugel auf der Kirchturmspitze neu vergoldet, dann die Orgel renoviert. Die jahrelange Generalsanierung des Innenraums der Pfarrkirche  St. Jakobus mit der Altarweihe des neuen Volksaltars und des Ambo durch Diözesanbischof Dr. Rudolf Voderholzer am 17. Oktober 1917, genau 300 Jahre nach der ersten Weihe der Kirche, war der Höhepunkt der Karriere von Pater Hermann Sturm als „Baupfarrer“.