Ensdorf möchte sich für die Zukunft fit machen

| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung, Gemeinde

Ensdorf möchte sich für die Zukunft fit machen. Architekturstudenten der TH Nürnberg helfen dabei. „Generationswohnen“ ist das Motto. Erste Vorstudien präsentierten die Studenten dem Gemeinderat bereits im Oktober. Aktuell beschäftigen sich 70 Bachelorstudierende mit den Entwicklungsmöglichkeiten des Ortes. Am Dienstag wurde eine Ausstellung der 23 der besten Arbeiten im Wittelsbachersaal eröffnet.

„Vor 25 Jahren hat sich die Gemeinde Ensdorf erstmalig mit einer städtebaulichen Entwicklung des Ortskerns beschäftigt. Jetzt ist die Zeit reif, erneut die Entwicklungchancen des Dorfes, unserer Gemeinde neu zu entdecken und zu beschreiben. Diese Ausstellung mit den Studienarbeiten ist ein kleiner Meilenstein auf dem Weg, wie wir Ensdorf für die Zukunft fit machen können“, erklärte Bürgermeister Markus Dollacker. „Die vielen unterschiedlichen Ideen können sich sehen lassen. Sie stellen nicht den Abschluss dar, sondern sind ein Meilenstein auf unserem Weg.“

Seit dem Wintersemester 2015/16 entwickelten die Studenten verschiedene Ideen für die Entwicklung Ensdorfs. Cindy Kißlinger mit dem Pflichtfach „Bauen und Entwerfen im Bestand“ ist begeistert: „Mir gefiel an dem Projekt, dass man an und mit bestehenden Objekten arbeitet. Das hatten wir in den vorherigen Semestern bisher noch nicht.“ Zugleich entstanden detaillierte städtebauliche Konzepte für den nordwestlichen Ortseingang. Dort an der ehemaligen Klostergärtnerei sowie auf dem Anwesen Wein wurden Möglichkeiten einer städtebaulichen Neufassung untersucht, Ideen entwickelt und nun Vorschläge unterbreitet.

So entstanden „Von der Gärtnerei zum Wohnen in der Vilsaue“ und „Ortseingang Hauptstraße“ sehr unterschiedliche Arbeiten zur Gestaltung des Ortseingangs. „Ensdorfer Höfe“ nennt Carmen Strauck ihr Projekt. „Höfe am Anger“ Moritz Bachmann, „Wohnen im Obstgarten“ Maren Bärnreuther, „Grüne Höfe für Ensdorf“ Julia Crede, „Fließen zur Vilsaue“ Gözde Gürbüzler, „Schafweide Ensdorf“ Julia Horn, „Mehrgenerationenwohnen im Klosterdorf Laura Oberst, „Adaption Hofplatz“ Mirjam Schmitt, „Neues Wohnen in Ensdorf“ Quirin Stammler, „Schichten und Verweben“ Lisa Stapf und Sven Vorliczky nennt seine Arbeit „Fünf Höfe Ensdorf“. Den sehr interessanten Arbeiten liegen unterschiedliche Ideen der Gestaltung und Nutzung zugrunde. Wohnen in verschiedenen Formen, zum Teil in Mehrgenerationenhäusern. Die Verbindung von Wohnen, Einkaufen und Gemeinschaft sowie die Verbindung zu den Vilsauen einerseits und zur Hauptstraße andererseits sind allen gemein. 

Auf dem ehemaligen landwirtschaftlichen Hof des Klosters, dem jetzigen Anwesen Wein, wurde u. a. die Verwirklichung eines Wandererhaus untersucht, in dem Unterkunft für Wanderer und Radfahrer geschaffen werden soll. Zudem sollen Räume für Veranstaltungen geschaffen werden. Hier soll in der Nähe der Vilsauen die interessante Holzkonstruktion größtmöglich erhalten werden. „Beim Thema ‚Bauen im Bestand’ geht es auch um die Frage ‚Wo lege ich Hand an? Wo lasse ich es sein? Wo kann Gemeinschaft entstehen? Was ist möglich? Wo fügen wir uns ins große Ganze ein?’“ erklärt dazu Prof. Nadja Letzel. Im speziellen Fall auch: Wie komme ich von der Hauptstraße in den Hof? Kann ich den Stephansturm besser sehen? Wie ist die Lage zu den Vilsauen? „Mit der Untersuchung und den Entwürfen entstand eine Art Musterbuch für Bauen dieser Art“, so die Professorin. Josefine Raab, die ihren Entwurf „Vilstalsaal + Herberge“ nennt, erklärte dazu der MZ: „Für mich ist die Verbindung von Vilsauen und Hauptstraße sowie die Gemeinschaftsnutzung der ehemaligen Stallungen interessant. Bei meinem Vorschlag will ich möglichst viel alte Bausubstanz erhalten. Für den ehemaligen Großviehstall sehe ich als Nutzung eine Herberge für Wanderer mit unmittelbarem Zugang zu den Vilsauen vor, während ich in den ehemaligen Kleinviehstallungen Veranstaltungsräume im Obergeschoss sowie im Erdgeschoss Aufenthaltsraum, Gardarobe und Sanitäranlagen unterbringen würde.“ Eine sehr interessante Lösung schlägt Johannes Hübner mit seinem Entwurf „Wanderbox“ vor. Er will aus Kostengründen in die Gebäude vorgefertigte Boxen für Unterkunft und Sanitärbereich integrieren, sieht einen Veranstaltungsraum und ein Cafe vor.

Weitere Projekte zum Wandererhaus „Vom neuen Nutzen alter Scheunen am Beispiel des Anwesens Wein“ nennen sich „Endlich Ankommen“ (Moritz Bachmann), „Zimmer mit Aussicht“ (Christian Bayerer), „Respektvoller Transfer“ (Indra Berning), „Wanderslust“ (Julia Crede), „Das verborgene Haus“ (Laura Oberst), „Transparenz“ (Philipp Oebius), „Räume im Raum“ (Julia Radecke), „Ruhezone“ (Mirjam Schmitt) und „Fügung zum Ganzen“ (Quirin Stammler). 

Prof. Ingrid Burgstaller und Prof. Nadja Letzel von der Fakultät Architektur der TH Nürnberg aus den Lehrgebieten „Bauen im Bestand“ und „Städtebau“ erläuterten das Projekt der Fakultät Architektur der TH Nürnberg unter dem Titel „Leben in Ensdorf“. Prof. Burgstaller betonte, dass mit den Arbeiten in die Zukunft geschaut werden solle. Man solle und wolle ins Gespräch kommen, Fragen stellen, damit Rückkopplung entstehe. Man habe sich vom Gestern in die jetzige Struktur vorgetastet mit dem Mittelpunkt des Klosters und den weitschweifenden Neubaugebieten. Dies sei wichtig für die Ausbildung der zukünftigen Architekten und Städteplanern. „Durch sich vervielfältigende Lebensstile, durch Mobilität, mediale Vernetzung und den Strukturwandel von Landwirtschaft und Handwerk wird auch die dörfliche Identität verändert. Damit ergibt sich die spannende Frage, wohin sich Dörfer im ländlichen Raum zukünftig entwickeln werden.“ Diesen Fragen gehen die Studierenden der Architekturfakultät der TH Nürnberg nach und versuchen Bilder zu entwickeln. „Die Aufgaben der Realität sind für die Studenten eine wertvolle Erfahrung, die den Vorteil hat, noch nicht in jeder Einzelheit auf Umsetzung abgeklopft werden zu müssen. So gesehen waren Aufgaben für die Gemeinde Ensdorf eine ideale Herausforderung. Sie sind anspruchsvoll aufgrund der Randbedingungen und deswegen ungeeignet für Standardlösungen aus der Schublade. Unkonventionelle Ideen waren genauso gefragt wie eine sensible Beachtung des Kontextes“, schreiben die beiden Professorinnen im Vorwort zur umfangreichen Broschüre zum Thema „Leben in Ensdorf“.

Die in der Ausstellung zu sehenden 23 besten Ideen, Arbeiten, Pläne und Modelle wurden mit Buchpreisen ausgezeichnet, die Bürgermeister Markus Dollacker den Studierenden überreichte.

„Es sind interessante Arbeiten, es wird eine spannende Sache und wir haben viele Anregungen für die nächsten Jahre, wenn wir in ein neues städtebauliches Konzept eintreten, damit Ensdorf lebens- und liebenswert bleibt“, betonte abschließend der Bürgermeister.

Die Ausstellung bleibt bis nach Ostern stehen und kann bei kurzfristiger Anmeldung besichtigt werden.