Leerstand, Ortskernsanierung und Altersgerechtes Wohnen

| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung

Nachdem der Heimat- und Kulturverein sich bereits seit einigen Jahren mit der Entwicklung der Gemeinde befasst und schon vor zwei Jahren dieses Thema mit Bürgern diskutierte, fand eine neuerliche Informationsveranstaltung zu den Themen Leerstand, Ortskernsanierung und Altersgerechtes Wohnen im Fürstensaal statt.

Dazu begrüßte Vorsitzender Gerhard Tschaffon viele interessierte Bürger, die trotz „Fastnacht in Franken“ gekommen waren. „Wir haben zwar Arzt, Zahnarzt, Apotheke, Schule und demnächst auch einen Verbrauchermarkt. Wir müssen aber etwas tun, damit unsere Gemeinde auch noch in zehn Jahren attraktiv ist“, erklärte er. Besonders begrüßte er aber Bürgermeister Georg Köppl aus Altendorf (Landkreis Schwandorf). Dieser stellte in einer umfassenden Power-Point-Präsentation das Projekt „Leerstandsoffensive Brückenland Bayern-Böhmen“ vor. Im Jahr 2011 schlossen sich dort im Osten des Landkreises elf Gemeinden zusammen, um dem Leerstand in ihren Dörfern und deren Folgen entgegenzuwirken. Daneben wurden Projekte wie „Altersgerechtes Wohnen“ oder „Erneuerung der Ortskerne“ angeschoben.

„Am Anfang aller Aktivitäten stand eine Analyse des Ist-Zustandes – also Erfassen von Leerstellen, Wirtschafts- und Wohnsituation, Baulandreserven, Bevölkerungsentwicklung und Bedürfnisse wie Dorfladen, Barrierefreie Wohnungen,, Mietwohnungen für junge Arbeitnehmer, Grundstücksneugliederung im Ortskern usw. analysiert“, erläuterte er und betonte, dass man unbedingt interkommunal zusammenarbeiten müsse – auch wegen möglicher Zuschüsse. Dann habe man ein Bürgerbüro eingerichtet und sei an verschiedene Projekte herangegangen. Verwirklicht sind bereits u.u. Pilgerherbergen am Jakobusweg, Dorfladen Schützenheim, Kommunbrauhaus. Weitere Projekte sind in Planung bzw. bereits im Bau. Besonders betonte Bürgermeister Köppl die Wichtigkeit von Informationsveranstaltungen, Tage der Offenen Tür, Diskussionen mit verschiedenen Zielgruppen, Ideen- und Projektwerkstätten und vor allem Öffentlichkeitsarbeit. „Die ganzen Projekte sind aber nur möglich durch Gemeinschaft. Interkommunale Zusammenarbeit ist wichtig. Austausch von Akteuren, Wissen und Erfahrungen. Unterstützer, Helfer und Förderer sind von Nöten, ein langer Atem und viel Geduld. Leerstandsoffensive ist eine Aufgabe für die nächsten Jahrzehnte“ Es bleibt noch eine Menge zu tun!“

„Wir haben einen ehrlichen Einblick gewonnen. Euere Ideen helfen weiter in die Zukunft, denn viele von eueren Problemen sind auch unsere“, erklärte Ensdorfs Bürgermeister Markus Dollacker. Gemeinsam gehe Vieles. In diesem Zusammenhang verwies er auf die interkommunale Zusammenarbeit der Naturpark-Hirschwald-Gemeinden zu einer Region. Einen Leerstand wie in Altendorf und Umgebung könne er derzeit nicht erkennen und auch in Zukunft nicht befürchten. Ensdorf liege strategisch sehr günstig zwischen Amberg und Schwandorf, Nürnberg und Regensburg. „Allerdings haben wir Wegzüge von Jungen zu verzeichnen und wir werden immer älter, Da müssen wir etwas tun!“, räumte Dollacker ein. Seniorenheim und Caritas-Sozialstation seien wichtig, reichten aber nicht aus. Eine Möglichkeit sieht er im „Senioren-Mosaik“ der Naturparkgemeinden und weiterer Zusammenarbeit. „Mit der Nahversorgung sieht es in unserer Gemeinde gut aus. Wir haben für ältere Menschen auch Probleme wie Kopfsteinpflaster - aber auch den Vorteil des Senioren-Shuttle-Busses. Beim Leerstand sehe ich momentan keinen Bedarf!“ erklärte Bürgermeister Dollacker. „Eine Nachverdichtung in Thanheim, Hofstetten usw. ist möglich. In Ensdorf müssen wir das mit Denkmalschutz und Wasserwirtschaftsamt hinbringen. Da werden wir noch Lösungen finden“, versprach er.

„Ein Blick und ein kurze Gang durch unseren Ortskern zeigt, dass auch wir über kurz oder lang etwas gegen Leerstand und für Ortskernsanierung unternehmen müssen“, widersprach der Seniorenbeauftragte der Gemeinde, Herbert Scharl. „Wir sehen, dass die bestehenden Gebäude, geplant und gebaut für Großfamilien, nur sehr dünn bewohnt sind. Wir sehen eine Ortsdurchfahrt, die nicht dafür geeignet ist als öffentlicher Wohnraum zu dienen. Es fehlen angemessene Gehwege, es fehlt notwendiger Parkraum und es fehlt an Plätzen, an denen man sich treffen und aufhalten kann.“ Man wisse aber auch, dass viele alleinstehende Menschen in für sie viel zu großen Häusern leben, die sie nicht mehr bewirtschaften können, aber hier bleiben, weil sie ihr Dorf nicht verlassen wollen.

Wenn man bedenke, dass in rund zehn Jahren jeder Dritte Einwohner der Oberpfalz über 60 Jahre alt sein wird, werde einem bewusst, welche Art von Wohnraum notwendig wäre: Kleinere und bezahlbare Wohnungen, die es ermöglichen, den Alltag zu bewältigen, die die Möglichkeit bewahren, viele Dinge fußläufig zu erledigen und am Dorfleben teilzuhaben. „Unseren Ortskern zeichnen viele dieser vorteile aus: Kurze ebene Wege zu Geschäften, Kirche, öffentlichen Verkehrsmitteln. Diese heißt es zu nutzen“, so der Seniorenbeauftragte.

„Wir müssen Aus- bzw. Umbau bestehender Gebäude ermöglichen, um die Nutzung für alle Personen zu gewährleisten – egal ob es ältere sind oder junge Familien. Neubau abgerissener Gebäude, die ebenfalls geeigneten Wohnraum biete, wären hier Lösungswege. Es fehlt aber an Anreizen für Privatpersonen und die Gemeinde, hier etwas zu tun. Eher das Gegenteil ist der Fall. Weil unser Ortskern zum Teil unter Denkmalschutz oder zumindest Ensembleschutz steht, besteht eher die Angst. Mit privatem oder gemeindlichen Engagement gegen Mauern zu rennen. Ich wünsche und erwarte mir noch mehr Unterstützung durch den Landkreis oder das Amt für Ländliche Entwicklung Oberpfalz, aber auch durch unsere Gemeinde. Gebäude und Plätze werden seit jeher für Menschen gestaltet und an deren Bedürfnisse angepasst. Wir sollten nicht aufhören, das zu tun, und es sollte möglich sein, dies auch tun zu dürfen“, betonte Seniorenbeauftragter Herbert Scharl.

In der anschließenden Diskussion wurde klar, dass „Fördermittel enorm wichtig“ sind. Altersgerechte Wohnprojekte sollten gemischt bewohnt werden von Jung und Alt, nicht nur von Pflegebedürftigen. So entstehe eine „ganz andere Lebensqualität“. Interessenten für Betreutes Wohnen können sich im Rathaus Kümmersbruck beim Projekt „Senioren-Mosaik“ melden. Angeregt wurde auch die ehrenamtliche Nachbarschaftshilfe. Besprochen wurden auch die Auswirkungen von Leerständen auf junge Leute. „Leerstand – Schule – Laden ist ein Mosaik, das zusammenhängt“, so Wolfgang Fetsch. Er regte an, die Qualität der Mittelschule Ensdorf zu vermarkten – auch auf der Homepage der Gemeinde.

Klar wurde herausgestellt, dass man junge Leute durch Vereine einbinden muss, Gaststätten ein wichtiger Treff- und Versammlungspunkt sind, die Pluspunkte der Gemeinde vermarktet werden müssen, der Tourismus gefördert, privates Altersgerechtes und Betreutes Wohnen ermöglicht werden muss.

Mit einem kleinen Geschenkkorb mit regionalen Produkten bedankte sich der Heimat- und Kulturverein bei Bürgermeister Georg Köppl für sein Kommen und seine Interessanten Ausführungen.