Kohlenmeilerprojekt besichtigt

| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung

Zu einem „Außentermin“ traf sich der Heimat- und Kulturverein Ensdorf. Im Staatsforst bei Palkering auf dem Gemeindegebiet von Ensdorf in der Gemarkung Hirschwald werden nämlich zurzeit die sechs alten Ziegelkohlenmeiler freigelegt und hergerichtet. Die Meiler liegen in unmittelbarer Nähe des vorbeiführenden Jakobsweges nach Hohenburg und der Gemeindeverbindungsstraße Rieden-Hirschwald.

Es handelt sich hierbei um ein Projekt, das mit LEADER-Mitteln der EU gefördert wird und zum „Kohlenmeilerprojekt“ der Gemeinden Ebermannsdorf, Ensdorf und Kastl gehört. Auch die beiden Heimatvereine von Ensdorf und Rieden sind beteiligt. Die Mitglieder des Heimat- und Kulturverein Ensdorf ließen sich von Bürgermeister Markus Dollacker und dem Riedener Ortsheimatpfleger Hubert Haas Geschichte und Projekt erläutern.

„Die Idee zur Wiederherstellung der zum Teil verfallenen und überwucherten Ziegelkohlenmeiler stammt aktuell vom Heimat- und Kulturverein Ensdorf“, merkte Bürgermeister Markus Dollacker an. „Die sechs Meiler sind etwas ganz besonderes am Rande des Naturparks Hirschwald.“ Obwohl es im Hirschwald und in der Oberpfalz früher viele Kohlenmeiler gegeben hat, sind die sechs bei Palkering für die Oberpfalz untypisch, da sie aus Ziegeln gemauert und von oben befüllt wurden. Schon jetzt sieht man gute Fortschritte bei der Freilegung und Entbuschung durch Mitarbeiter des Werkhofes Treffpunkt Grün.

Die im Volksmund übliche Bezeichnung  „Russenhütt’n“ ist falsch, erklärte Riedens Ortsheimatpfleger Hubert Haas. „Dieser Name rührt nämlich aus der Zeit des Ersten Weltkrieges, als man russische Kriegsgefangene in der Forstwirtschaft einsetzte, da die jungen Männer aus Rieden und anderen Ortschaften zum Kriegsdienst eingezogen waren. Dort wo heute die Kohlenmeiler stehen, war zu dieser Zeit eine Holzhütte. In welcher die gefangenen Russen vermutlich unter denkbar ungünstigsten Bedingungen und Bewachung hausten. „Die Gefangenen mussten u. a. auch die mit Pickel und Schaufel die Ortsverbindungsstraße Rieden nach Hirschwald bauen“, weiß Forstamtsrat a. D. Gottfried Wurm. Die so genannte Russenhütt’n.“ wurde nach dem Zweiten Weltkrieg abgebrochen.

Im Zweiten Weltkrieg wurden gleich nebenan sechs Kohlenmeiler gemauert. Man nimmt an, dass diese ganz fachmännischen Maurerarbeiten mit Ziegeln französische Kriegsgefangenen vollbrachten, da gemauerte Kohlenmeiler in Deutschland unüblich waren, sehr wohl aber in Frankreich. Außerdem weiß Isabel Lautenschlager vom Heimat- und Kulturverein Ensdorf, dass z. B. in Ensdorf im Saal der früheren Gastwirtschaft „Zur Post“ französische Kriegsgefangene untergebracht waren. Hubert Haas liegen die Kohlenmeiler „sehr am Herzen, weil wir da als Kinder schon immer gespielt haben“. Ihm zufolge betrieben die Kohlenmeiler die Riedener Bürger Johann Mehringer und Georg Schwandner, welche die gewonnene Holzkohle für die u. a. damals im Gebrauch befindlichen Holzgaser-Autos verkauften. Aber auch Derivate wie Teer wurden vermutlich in der schlechten Zeit erzeugt. In Betrieb waren die Meiler wohl bis Anfang der 60-er Jahre Dies bestätigte beim „Ortstermin“ als Zeitzeugin die 75-jährige Marianne Glombitza, deren Vater mit dabei war. „Die Hütt’n diente zur Übernachtung, denn drei arbeiteten immer, auch nachts. Schließlich musste die Luftzufuhr halbstündlich geregelt bzw. geändert werden, damit der Meiler gleichmäßig brannte.“   

Die Kohlenmeiler waren im Wechsel im Betrieb, so dass immer drei der sechs Kohlenmeiler brannten. Nach drei bis vier Tagen war die Holzkohle fertig, konnte ausgeräumt, in handliche Stücke zerschlagen und in Säcken abgefüllt, abtransportiert und verkauft werden.

Bei den Zeugnissen der Geschichte handelt es sich um auf einer Länge von 30 Metern sechs mit Kuppeln überdachte, aus Klinkerziegeln gemauerte Kohlenmeiler, die im Inneren zur Steuerung der Verkohlung je vier bis sechs Kamine bzw. Durchzüge hatten. Sie konnten je nach Bedarf stufenweise oder ganz geschlossen werden. Aus statischen Gründen sind die Meiler in eine Böschung eingebaut. Zudem ermöglichte dies eine Befüllung von oben. Ihre Höhe beträgt 2,20 Meter. Ihr Durchmesser rund zwei Meter. Die Meiler verjüngen sich im oberen Drittel zu einer Öffnung von etwa 80 Zentimetern, die beim Betrieb abgedeckt wurde. An der Vorderseite befindet sich je eine 80 mal 80 Zentimeter große Öffnung, durch welche die Holzkohle ausgeräumt wurde. Die Besonderheit von Ziegelkohlenmeilern: sie können von obern befüllt werden und zwar auch mit Abfallholz.

Schon im Juli/August des Jahres 2000 wurde auf Veranlassung von Forstoberrat Wolf Wicht und unter Anleitung von Forstamtsrat Gottfried Wurm einmal begonnen, die Palkeringer Ziegelkohlenmeiler freizulegen. Auch eine Restaurierung war vorgesehen. Doch die Natur war stärker. Im Laufe der Jahre verdeckten wieder Büsche und Bäume das Geschichtsdenkmal.  

Die sechs Ziegelkohlenmeiler am Rande des Hirschwaldes bei Palkering sind in der Wanderkarte des Oberpfälzer Waldvereins eingetragen und befinden sich in unmittelbarer Nähe des vorbeiführenden Jakobusweges nach Hohenburg. Etwa 100 Meter westlich der Gemeindeverbindungsstraße Rieden-Hirschwald, rund zwei Kilometer von Rieden entfernt.