Danken hat mit Denken zu tun

| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung

Die große Erntekrone stand bereits in der Kirche. Früchte der Gärten und der Felder trugen Kinder und Mitglieder des Obst- und Gartenbauvereins sowie des Bayerischen Bauernverbandes am Erntedanksonntag in die Pfarrkirche St. Jakobus, wo Pfarrer Pater Hermann Sturm, musikalisch umrahmt vom Kirchenchor unter Leitung von Gerhard Tschaffon, am festlich geschmückten Erntedankaltar einen feierlichen Erntedankgottesdienst zelebrierte.

„Jedes Jahr im Herbst feiern wir Erntedankfest, ein Fest in allen Kulturen und eines der ältesten Feste der Menschheit. Viel Brauchtum ist auch bei uns um dieses Fest entstanden, einschließlich des Erntedankaltars mit den Früchten des Feldes und des Gartens und den vielen Blumen“, erklärte Pfarrer Sturm eingangs seiner Festpredigt.

Wir in Europa hätten bei dem internationalen Warenaustausch nicht zu hungern, könnten das ganze Jahr über haben, was uns mundet. „Wir leben unter dem Dach der gefüllten Supermärkte. Wir können alles für Geld haben. Wir sind unabhängig – und damit erübrigt sich in unserer Konsum- und Überflussgesellschaft das Danken. Ich las den Satz: ‚Herr, lass mich hungern dann und wann, denn satt sein macht stumpf und träge!’ Doch das Danken hat mit Denken zu tun! Nur wer denkt, kann danken! Wer die Gaben schätzt, wird danken. Nur wer denkt, verliert auch nicht den Blick auf die Schöpfung – und vielleicht auf einen großartigen Schöpfer hinter allem. Erntedank schließt die ganze Schöpfung mit ein. Wir sind heute allerdings geneigt, selbst Schöpfer zu spielen und zerstören dabei so viel“, fuhr der Geistliche fort.

Unter Ernte und Dank stünden viel mehr Dinge: gefüllte Kauhäuser, gesicherte Stromversorgung, ausreichende Wasservorräte, Komfort in einer gepflegten Wohnung umgibt uns, Arzt und Apotheke sind nebenan, Banken übernehmen die Geldgeschäfte, die Müllabfuhr kommt regelmäßig, die Umwelt kann sauber gehalten werden, erleuchtete und gesicherte Straßen, Heizöl, Gas und Benzin sind vorhanden.  Doch auch damit sei das Thema nicht beendet. „Neben Brot, Nahrung und Wohlstand gehören noch wichtigere Dinge zum Leben. Wir brauchen mehr als Brot des Leibes. Wir brauchen das Brot der Liebe, der Freundschaft, des Verstehens, der Eintracht in der Familie, die Sorge und Liebe füreinander, den festen Arbeitsplatz und besonders die Gesundheit, ohne die alles andere nichts wert ist. Aber danken wir dafür?“

Ein Weiteres sei für unser Leben das „Brot“ der Frohen Botschaft, das Wort Gottes. „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von jedem Wort, das von Gott kommt, vom Brot für die Seele und schließlich dem Brot, der Speise, die uns in der Eucharistie gereicht wird“, so Pfarrer Sturm. „Doch wovon lebt der heutige Mensch?“ fragte er die Kirchenbesucher.

Denken, danken, feiern teilen gehören zusammen. „Denken, dass nicht alles von selbst kommt, dass alles – auch unser Leben – anderen mit verdankt ist, Gott verdankt ist, so dass danken auch heute gilt. In solcher Gesinnung können wir dann auch feiern. Und aus dieser bewussten Erkenntnis und Haltung werden wir auch teilen. Es gibt bei uns Not, oft verschwiegene Not, Not, wo die Schere des Wohlstands immer weiter auseinander geht – mit vom Staat bedingt. Und die großen Nöte durch Katastrophen, die wir immer vermehrter erleben.“ Und so betonte der Geistliche abschließend, dass das Kirchenopfer an diesem Erntedanksonntag den Hilfsprojekten der Caritas in Nah und Fern zugute kommt.