Jetzt beginnt der Ernst des Lebens

| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung, Schule

20 Neuntklässler wurden in einer Feier in der Aula der Hauptschule am Donnerstagabend verabschiedet. Dazu begrüßte Schulleiter Rektor Siegfried Seeliger neben den Schülerinnen und Schülern viele Eltern, das Lehrerkollegium, Schulverbandsvorsitzenden Bürgermeister Markus Dollacker aus Ensdorf und 2. Bürgermeister Ingo Frohmader aus Rieden, Elternbeiratsvorsitzende Ingrid Reinhardt sowie die Geistlichkeit.

 „Ihr Entlassschüler verspürt gewiss Erleichterung: Ja, endlich ist die Schule vorbei! Erleichterung sehe ich aber auch bei Eltern, ja sogar bei einigen Lehrern“, stellte Bürgermeister Dollacker in seinem Grußwort fest. „Jetzt beginnt der Ernst des Lebens. Das heißt, dass ihr jetzt mehr Eigenverantwortung übernehmen müsst. Das heißt wiederum: Seltener Lob bekommen und viel heftigen Tadel und Kritik zu spüren bekommen, vor allem, wenn etwas nicht so ist, wie es sein sollte. Schule war Pflicht für euch alle. Das, was jetzt kommt, liegt mehr denn je in euerer eigenen Verantwortung und Entscheidung. Das ist der Unterschied und ein gewaltiger Schritt in Richtung Erwachsensein. Nun müsst ihr eueren eigenen Weg beschreiten. Die Chancen habt ihr!“

Auch Elternbeiratsvorsitzende Ingrid Reinhardt gab den Schülern einige besinnliche Worte mit auf den Weg. „Vor neun Jahren begann euer Kapitel Schule, jetzt ist dessen letzte Stunde gekommen. Endlich raus aus der Schule! Kein Stress, keinen Ärger mehr mit Lehrern und Eltern. Doch sofort beginnt das neue Kapitel Arbeitswelt mit rauerem Klima. Versucht fleißig, ehrlich und selbständig zu sein. Die Eltern werden sich nun Schritt für Schritt zurückziehen. Trefft euere eigenen Entscheidungen, die ihr aber auch selbst verantworten müsst!“

Für die Entlassschüler dankten Anja Frind und Michael Schuster ihren Lehrkräften mit kleinen Geschenken. Ihr Dank galt besonders Klassenlehrerin Helga Gradl, Schulleiter Siegfried Seeliger und Hausmeister Stefan Reinwald, die selbst gebastelte Rosen erhielten, die Eltern selbst gebackene Kuchen.

„Wenn einer, der mit Mühe kaum gekrochen ist auf einen Baum, schon meint, dass er ein Vogel wär, so irrt sich der“ zitierte Rektor Seeliger in seiner Abschiedrede Wilhelm Busch und meinte: „Das trifft ganz gut die Situation der Entlassschüler der Hauptschule Ensdorf des Jahrgangs 2009/2010!“ Denn sie seien in mehrlei Hinsicht einzigartig: 1. sind es die ersten Hauptschüler, die ihre Hauptschulzeit komplett von der 5. bis 9. Klasse in Ensdorf durchlaufen haben, und zugleich die definitiv letzten, die diese Schule verlassen – die nächsten werden schon aus der Mittelschule im Schulverbund Unteres Vilstal entlassen werden. „Von morgen an seid ihr also einzigartig, nicht wiederholbar! Geschichte!“

2. haben sie bereits einen langen, teilweise steinigen und unbequemen Weg hinter sich gebracht  - aber mit Wilhelm Busch – „hier, wie überhaupt, kommt es anders, als man glaubt.“ Gerade einmal den Prüfungsstress hinter sich, warte schon die nächste Herausforderung, die erste „echte“ in ihrem Leben: der Schonraum Schule liege unwiederbringlich hinter ihnen – die Arbeitswelt oder eine Fachschulausbildung warte schon. „Ohne Wenn und Aber, ohne Netz und doppelten Boden, wie er zuletzt immer wieder angeboten und eingezogen worden war – echt brutal, krass, fordernd, nackt und schonungslos: niemand, der erinnert, ermahnt, antreibt, unterstützt. Nur noch jemand, der sehr wohl erklärt, zeigt, ausbildet, unterrichtet – aber eben auch absolute Normen und Limits setzt und einfordert.“ Dem Einen oder der Anderen falle es einfach nach wie vor schwer, über den eigenen Schatten zu springen. Das habe sich schmerzhaft bewiesen – auch wiederum in einzigartiger Weise – einzigartig schade!

3. Auf der Suche nach Gründen fiel dem Schulleiter der Ausspruch des Jahres 2010 des 62-jährigen Alt-Rockers Marvin Lee Aday, besser bekannt als Meat Loaf,  ein. „Diese Faulheit auf dieser Welt kotzt mich an. Jeder will etwas haben, möglichst ohne einen Finger dafür zu bewegen.“ „Harter Tobak“, so Seeliger, „und sicher nicht in vollem Umfang zutreffend für zufällig Anwesende, aber im Einzelfall nicht völlig von der Hand zu weisen: Es wäre zum Teil mehr drin gewesen – wenn man sich nicht so einzigartig schwer getan hätte, den inneren Schweinehund regelmäßig zu überlisten. Erfolg beginnt mit der richtigen Einstellung zur Aufgabe, zur Arbeit und zum eigenen Anspruch!“

„Einzigartig reibungslos hingegen 4. die Suche nach dem rechten Ausbildungsplatz“, freute sich nicht nur der Schulleiter. Umso mehr, als all die Aktionen im Rahmen der so genannten „Vertieften Berufsorientierung“ der letzten beiden Jahre nicht völlig ins Leere liefen. „Die Gott sei Dank wieder günstigere Lage am Lehrstellenmarkt hat ein Übriges dazu beigetragen“, räumte er ein. „Es stimmt mich am Ende froh und hoffnungsvoll: Die investierte Unterrichts- wie Bildungs- und Erziehungsarbeit war zwar umsonst – kost’ euch ja nix – aber am Ende doch nicht vergebens – das macht den Unterschied!“

Anschließend dankte Seeliger Klassleiterin Helga Gradl und den anderen Lehrkräften, der Verwaltung, dem Hausmeister Stefan Reinwald und der Gemeinde, dass sie sich der Ensdorfer Schule so annehmen und so vieles ermöglichen. Sein besonderer Dank galt den Eltern, die er dazu aufrief, ihre Tochter, ihren Sohn auch beim Übergang in die neue Aufgabe Arbeitswelt zu unterstützen. „Sie werden ’s ihnen danken – irgendwann, irgendwie, wenn vielleicht auch nicht gleich!“

Vor der Zeugnisverleihung blickte Klassenlehrerin Helga Gradl auf „drei lange Jahre zurück, in der wir viel Zeit miteinander verbringen durften“. Die vor drei Jahren zu Beginn der 7. Klasse noch recht jungen Schüler stellte sie mit damaligen „Beweisfotos“ und Originaltönen vor. „Meine Achtung gilt allen von euch, die sich wirklich anstrengten, bis zu ihren Grenzen gegangen sind“, versicherte sie. Jeder Schüler bekam zum Abschied von ihr eine DVD mit Filmen und Bildern der letzten drei Jahre.

Acht Schüler erhielten für die Teilnahme am Leistungsschreiben eine Urkunde des Bayerischen Stenographenverbandes. Acht weitere eine Bescheinigung, dass sie sich als Lernhilfen bei der Hausaufgabenbetreuung an der Ganztagsschule in Ensdorf zur Verfügung gestellt haben.

Die 9. Klasse des Schuljahres 2009/2010 der Hauptschule Ensdorf  hatte 15 Schülerinnen und 5 Schüler. Elf bestanden den Qualifizierenden Hauptschulabschluss. Alle haben einen Ausbil-dungsplatz bekommen. Vier erwartet eine Fachschulausbildung. Beste Schüler waren Theresa Rothut (Notendurchschnitt 1,83), Sabrina Schwendner (2,22), Lisa Schanzer (2,28) und Mar-lene Seidel mit 2,36.