Wirtshaussterben in Ensdorf VI

| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung

Ist die Seuche Wirtshaussterben überstanden? Welche Gasthäuser haben sie über-lebt? Wie sieht es in der Zukunft mit der Wirtshauskultur in der Gemeinde aus? Von den 1971 bestehenden 16 Wirtshäusern haben nur zwei überlebt: Gasthaus Graf in Hofstetten sowie Bäckerei und Bierwirtschaft Dietz in Ensdorf.

Seit über 200 Jahren ist das Gasthaus in Hofstetten im Besitz der Familie Graf. Bis 1993 gab es auch noch einen großen Saal. 1998 übernahm Agnes mit ihrem Mann Bernhard das Wirtshaus. Geöffnet ist das Gasthaus Graf täglich. Ausgekocht wird aber nur auf Bestellung. Berühmt ist es für ihre gut bürgerliche Küche aus der eigenen Hausschlachtung und seine Bauerngockerln, zur Martini-Kirwa  den reschen Bauernenten. Viele Gäste kommen aus den nahen Ortschaften Wolfsbach und Ebermannsdorf. Mittwochs und freitags kommen Schafkopfrunden zusammen, alle zwei Wochen die Jagdhornbläser. „Bei Treibjagden geht es immer besonders lustig zu“, erzählt Wirtin Agnes.

Seit wann der „Schandl“, wie manche das Gasthaus Dietz mit dem alten Hausnamen noch nennen, eine Wirtschaft ist, weiß keiner mehr so genau. Der Großvater des jetzigen Besitzers Herbert Dietz, Peter Hammer, jedenfalls stammte aus einer Landwirtschaft in Götzenöd und betrieb am heutigen Standort der „Bäckerei und Bierwirtschaft Dietz“ bereits eine Bäckerei, eine Wirtschaft und einen Gemischtwarenladen. 1931 brannte das große Gebäude zusammen mit den beiden Nachbaranwesen Wittmann (jetzt Geißler bzw. Eckert) und Danise (Dollacker) ab, wurde aber schnell wieder aufgebaut. „Unter der schlechten Zeit haben meine Eltern viel für Gefangene und die Bevölkerung übrig gehabt. Da gab es auch mal Brot ohne Marken. Nach dem Krieg waren Flüchtlinge im Haus einquartiert. 1945 bei der Besetzung durch die US-Army war bei uns das Hauptquartier“, weiß Wirt Herbert Dietz zu berichten. „Da haben manche deren Sprit aus den Tanks abgesaugt. Dabei fiel einmal ein Kanister um, fing Feuer und verbrannte die Klotüren.“

Bis Mitte der 60er Jahre war dann im 1. Stock die Polizeistation Ensdorf untergebracht. Eines Nachts in den 50ern wurde in der Wirtschaft eingebrochen, während oben die Polizisten selig schliefen. Schafkopfrunden gab es mit Polizeibeteiligung. „Wenn die dann verloren ham, ham’s einfach die Polizeistund’ verkürzt. Und am Sonntag nach der Kirch’ mussten manche im Dienstzimmer über der Küch’ antanz’n. Da ham’s uns für kleine Verkehrsünd’n wie ‚Fahren ohne Licht’ oder ‚zu Dritt auf dem Motorradl’ abkassiert“, erinnert sich ein Gast.

„Bis Ende der 60er Jahre hielt das Gesundheitsamt zweimal jährlich bei uns Wickelkurse ab“, berichtet Wirt Herbert Dietz. Bis Mitte der 60er Jahre wurde auch das Stempelgeld in der Bierwirtschaft Dietz ausgezahlt. Nicht nur für Ensdorf, auch für Rieden, fürs ganze „Landl“, ja den ganzen südlichen Landkreis. Viele Stempler im Winter waren Maurer und Zimmerleute. Viele Stempler haben aber ihr Stempelgeld zur Tilgung der anstehenden Zechschulden gebraucht oder teilweise auch gleich wieder vertrunken. „Bei einem Dreier-Watt mit Polizisten wurden mal in drei Stunden 21 Maß Bier ausg’spielt. Da san mir mit ’m Watten goar nimmer mitkumma. ’S Auskoart’n is langsamer ganga als wia ’s Astrinka“, berichtet einer der noch lebenden Teilnehmer. Im Fasching wurde der „Stemplerball“ gefeiert. Beim Hausfasching oder beim „Semmelbröselball“, war immer mächtig was los. Ebenso bei der Hauskirwa. An Silvester wurde Punsch ausgeschänkt. Täglich kamen Handwerker zum „Dänmmerschoppen“. Regelmäßig wurden Preisschafkopfe abgehalten. „Überhaupt wurde früher viel mehr gekartelt, nicht nur wie jetzt beim Sonntagsfrühschoppen und am Freitagabend“, erinnert sich Wirt Herbert, der seit zwei Jahren auch Jäger ist. „Unter anderem gab es Tarockrunden der Altenheimbewohner.“

1964/65 wurde das Wirtshaus umgebaut. Bis zur Eröffnung des DJK-Sportheims 1977 waren die Sportler beim Dietz. Dort wurde nach den Fußballspielen auch geduscht und sich gewaschen. „Mein Vater Heiner“, so der jetzige Wirt, „ist nach langen Spielersitzungen oft gleich in die Backstubn.“ 1979 übernahm Sohn Herbert als Bäckermeister Bäckerei samt Bierwirtschaft. Heute haben beim Dietz noch der Schnupfer-Club, der Opel-Club, der Krieger- und Reservistenverein sowie die Siedler ihr Vereinslokal.

Auch prominente Gäste hat das Wirtshaus schon gesehen. Z.B. Ex-Bundeslandwirtschaftsminister Josef Ertl sowie regionale und lokale Parteigrößen aller Farben. „Viele Originale sind halt schon weggestorben: Der ‚Fiffi’, der ‚Kentucky’, Schlegl senior und junior, ‚Meester’ Helmut Thunig, der Drick Walter aus Wolfsbach, der ‚Kopfdamer’ aus Seulohe usw.“ bedauert Wirt und Bäckermeister Herbert Dietz, zurzeit einziger verbliebener Wirt in Ensdorf, dessen Kochkünste allseits gelobt werden.

Das Gasthaus Dietz ist unter der Woche von 7.00 bis13.00 Uhr und von 14.30 Uhr bis maximal 21.00 Uhr geöffnet, bei Versammlungen bis 22.00 Uhr – oder auch mal noch länger. Sonntags gibt es Frühschoppen bis 12.00 Uhr. Samstags ist nachmittags erst wieder ab 17.00 Uhr geöffnet und am Dienstag hat „der Herbert“, wie alle den Wirt nennen, ab 12.00 Uhr geschlossen.

Neben den Gastwirtschaften Graf in Hofstetten und Dietz in Ensdorf leben „noch“ die vier „Neugeburten“ seit 1971: Cafe-Asam, DJK-Sportheim Ensdorf, das ab April wieder eröffnet wird und dann täglich ab 17.00 Uhr geöffnet hat – außer am Ruhetag Montag. Sonnntags schon zum Frühschoppen und bei Spielbetrieb. Das Schützenheim Wolfsbach, das man aber kaum als Gaststätte bezeichnen kann, weil es nur am Freitagabend sowie Sonntag zum Frühschoppen und abends geöffnet hat, der „Vilsthaler Hof“ und das Gasthaus „Zur Dorfschmiede“ in Thanheim. „Noch“, weil die Tage der „Dorfschmiede“ gezählt sind. Es schließt „definitiv“ am 28. Februar. Welch ein Graus! Dann ist das Thanheim ohne Wirtshaus!

Der „Vilsthaler Hof“ von Wally und Michael Dechant in der Schwandorfer Straße in Ensdorf dagegen bleibt. Er öffnete am 23. Februar 1990 – also vor genau 20 Jahren - seine Pforten. Damals bei sage und schreibe 23 Grad Celsius. Plus wohlgemerkt! Er hat Gast- und Nebenzimmer, für Gäste sieben Fremdenzimmer mit 13 Betten. Der Familienbetrieb – die Wirtin kocht selbst und verwöhnt ihre Gäste – ist bekannt für seine gut bürgerlich bayerische Küche aber auch für Spezialitäten wie Zwiebelrostbraten, böhmischen Rinderbraten mit böhmischen Knödeln oder das urige „Rittermahl wie anno 1410“, dessen sieben Gänge in mittelalterlichen Kostümen serviert werden.

Wegen eines Unfalls der Wirtin ist das Lokal allerdings seit Dezember geschlossen. Voraussichtliche Wiedereröffnung im April. „Selbstverständlich mache ich auf alle Fälle weiter“, betont Wally Dechant, „Wirtin mit Leib und Seele“, gegenüber der Mittelbayerischen Zeitung. „Mir gehen derzeit meine vielen lieben netten Gäste ab. Ich freu mich schon darauf, wenn ich sie wieder begrüßen, bedienen und verwöhnen darf.“

20 Jahre „Vilsthaler Hof“ ist auch eine Bereicherung für Ensdorf und seine Gäste. Wichtig für die Touristen per Rad, zu Fuß oder mit dem Auto. Radlfahrer, Wanderer und Jakobspilger schätzen die deftigen Brotzeiten des „Vilsthaler Hof“, auch seine schönen Fremdenzimmer. Wirtin Wally erzählt, dass erst noch im Herbst 13 evangelische Pfarrer aus Franken auf einer kleinen „Erkundungstour in der Oberpfalz“ bei ihr zu Gast gewesen sind. „Sie besangen bei einem gemütlichen Abend ihr schönes Frankenland und waren sehr überrascht von der Gemütlichkeit und Gastfreundschaft der Oberpfälzer.“ Wirtin Wally erklärte ihnen: „Mir san halt rau, aber herzlich!“

Für das Gasthaus „Zur Dorfschmiede“ in Thanheim dagegen sind die Tage gezählt. Definitiv schließt es am 28. Februar.