Wirtshaussterben in Ensdorf II

| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung

Mit der Eröffnung des DJK-Sportheims am 9. Oktober 1977 schien das Wirtshaussterben in der Gemeinde Ensdorf ein Ende zu haben. Doch dem war nicht so. Am 15. Januar 1983 kam das „Aus“ für die historische „Klosterschänke“, vormals „Klosterbrauerei Metzgerei Gasthof Thorhirl von Georg Schmidt“. Viele wissen es nicht mehr, doch Peter Hammer hat nachgeforscht: Bis 1803 hieß die Gastwirtschaft weder „Klosterschänke“, noch „Thorhirl“ sondern „Zum Hechten“.

Anfang der 70-er Jahre waren nach Gabi Sumper, Georg Schuirer, Hans Gürke ab September 1975 Alfons und Leni Koller Pächter der Klosterschänke. Alle hatten dazu eine Metzgerei betrieben und Fremdenzimmer vermietet. Da gab es ausgezeichnete gut bürgerliche bayerische Küche für die Einheimischen und Gäste und aus Nah und Fern. Nicht nur das Schlachtschüsselessen war weithin bekannt. Die Faschingsbälle waren bis in die Morgenstunden gut besucht. Der schöne ruhige Biergarten unter den mächtigen Kastanien war vor allem im Sommer ein Anziehungspunkt, wo die Wanderer gar mal einen Ochsen gebraten haben. Doch auch die Kollers machten schließlich am 15. Januar 1983 „dicht“. Die Konzession für den Fürstensaal ohne Wasser und WC war entfallen, dringende Renovierungs- und Sanierungsarbeiten standen an, welche die Brauerei Bischofshof als Besitzer bzw. die bischöfliche Finanzadministration in Regensburg nicht übernehmen wollten. Das „Aus“ der Klosterschänke war eine weitere „kleine Katastrophe“ für die Ensdorfer Gastronomie.

Gut erinnert sich „Ex-Wirtin“ Leni Koller an „die schönen, aber auch stressigen und anstrengenden Zeiten“. „Für Küche, Gastraum und Nebenzimmer allein brauchten wir über 8000 Liter Heizöl! Bei den heutigen Preisen unvorstellbar Der Stammtisch war immer gut besucht. Für die Wanderer, Schnupfer und später den Nagel-Club waren wir Vereinswirtschaft. Viel gekartelt wurde - oft bis frühmorgens. Billardtisch und Nagelstock waren belagert.“

Zur damaligen Zeit gab es in Ensdorf noch viele „Originale“. Einer davon war „da Wogner“, Wagnermeister Josef Berschneider, weithin gelobt und bekannt als exzellenter Handwerker und „goldener Meister“. Er brachte es fertig mit nur einem Streichholz eine ganze Schachtel Zigarette zu rauchen. Einmal hat man ihn auch im Klo der Klosterschänke, das sich auf der anderen Seite des Torbogens befand, versehentlich über Nacht einzusperren. Bei eisiger Kälte hörten ihn tags drauf die Frühmessbesucher. Natürlich wurde er sofort aus seinem unbequemen „Gefängnis“ befreit. Ein anderes Original war „Funker“ Walter Reif, seines Zeichens Forstbediensteter. „Ein andermal“, so erinnert sich Leni Koller, „sang einer den ganzen Sonntagnachmittag den ‚Duttenjodler’. –Nicht zum Anhören!“

Einmal biss ein Gast vor lauter Wut in den Stammtisch, dass man die Abdrücke seiner Zähne im Holz sah. Ihr Mann, der Alfons, hat einmal ein Pony in die Gaststube geführt. Ein andermal hat einer die Wirtshaustür zugenagelt. Ein in Ensdorf sehr bekannter Mann flüchtete mit seinem Gipsfuß vor der Polizei über das Klostertor. Schließlich gab es damals noch Sperrstunden, „Polizeistunde“ genannt. „Nach Weihnachten brauchte ich den Christbaum nie ableeren, denn einer der Gäste fiel immer hinein und räumte ab. Einer hat den Baum mal gar mit der Motorsäge entastet! Das Holz sollte für eine Sauschlachtung mitten in der Nacht verwendet werden“, weiß Leni Koller noch von ihrer Zeit als Wirtin der Klosterschänke zu berichten. Auch vom „Begräbnis“ eines Gasten weiß sie noch, der auf dem Wirtshaustisch „aufgebahrt“ und in einem „Leichenzug“ hinausgetragen wurde. Als die Gäste mit dem leeren Tisch zurückkamen, befürchtete sie schon, die angetrunkenen Gäste hätten ihn in den Bach geworfen. Oder: Bei einer Hochzeit im Fürstensaal im 1. Stock fielen der Bedienung die Kartoffelknödel beim Transport über die Stufen der Treppe hinab.

Freitags wor immer so a ‚Narrentreffen’, da is rund ganga“, erzählt Ex-Wirtin Leni Koller der „Mittelbayerischen Zeitung“. „Manche Gäst’ worn scho a weng verrückt. Schej wor’s ober trotzdem. Bloß a Wirtshaus mechat i nimmer, niat um viel Geld!“

Die Klosterschänke in Ensdorf wurde später umgebaut. Die Gemeinde sucht seit mehr als 15 Jahren vergeblich einen Pächter.- Vergeblich. Zurzeit sind in der ehemaligen renommierten Klostergaststätte Büro- und Ausstellungsräume des Zentrums für Erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit (ZEN) untergebracht. 

Ein weiterer harter Schlag traf die Ensdorfer Wirtshauskultur im Juni 1989: „Der Mulzer macht zu!“ ging es entsetzt von Mund zu Mund. Am 8. Juni war es so weit. Die seit Jahrhunderten bestehende „Gastwirtschaft und Metzgerei Zur Post“ machte dicht.