Entlassfeier an der Hauptschule

| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung

Mit „Karawane“ eröffneten die Orff-Gruppe und die Boomhackers unter Leitung von Lehrer Karl Senft die Entlassfeier der 17 Schülerinnen und Schüler der 9. Klasse der Hauptschule Ensdorf. Dazu begrüßte Schulleiter Siegfried Seeliger neben den Neuntklässlern, ihren Eltern und den Elternbeirat, seinen Vorgänger Rektor a. D. Dieter Riß, Rektor Rudi Scheuerer von der Grundschule Rieden, Ensdorfs Bürgermeister Markus Dollacker, 2. Bürgermeister Ingo Frohmader aus Rieden sowie die Pfarrer Pater Hermann Sturm und Gottfried Schubach.

Nicht nur Langeweile, sondern auch Erleichterung, las Bürgermeister Dollacker in den Gesichtern der Entlassschüler. „Schule war Pflicht für euch alle, was jetzt kommt, liegt mehr oder weniger in eurer eigenen Verantwortung und Entscheidung. Das ist ein großer Unterschied und ein gewaltiger Schritt in Richtung Erwachsensein“, betonte er. Auch Elternbeiratsvorsitzende Ingrid Reinhardt sprach die nun größere Eigenverantwortung an, die mit dem Ende des Kapitels Schule und der beginnenden Abnabelung vom Elternhaus und dem Berufsleben auf die Absolventen wartet. Sie dankte vor allem Klassleiter Lehrer Wolfgang Weich, der die Schüler in den beiden letzten Jahren auf das Leben vorbereitet hat.

Mit „Argiers“ leitete die Orff-Gruppe über zur Verabschiedungsansprache „frei nach Erich Kästner“ von Schulleiter Siegfried Seeliger. Ihn freute es, dass 80 Prozent den Qualifizierenden Hauptschulabschluss geschafft haben. „Nun sitzt ihr hier, ein letztes Mal alphabetisch und der Größe nach sortiert, auf diesen harten Schulbänken“, zitierte er Kästner. Die Stunde X habe nun geschlagen, hoffentlich nicht für eine sehr düstere Zukunft. Das Leben nach der Uhr beginne nun endgültig, der Arbeitstakt spinne eng und enger das Netz. „Solange ihr hier gesessen seid, gehörtet ihr zu einer Klasse, zuletzt zur höchsten, der 9. Der Klassenkampf und die Wochen der Prüfungen liegen hinter euch!“ erinnerte der Schulleiter. „Früchtchen ward ihr, und Spalierobst seid ihr geworden! Aufgeweckt wart ihr bis heute, und einwecken wird man euch ab morgen! – So wie man’s mit uns gemacht hat. Vom Baum des Lebens in die Konservenfabrik der Arbeitswelt! – das ist der Weg, der vor euch liegt.“ 

Damit es den Entlassschülern nicht allzu mulmig wurde, gab Seeliger ihnen Ratschläge: „Seid nicht zu fleißig! Fleiß ist zwar sehr wichtig. Das Leben besteht aber nicht nur aus Arbeit und Lernen.“ Sein zweiter Rat: „Lacht die Dummen nicht aus! Prügelt keinen, der schwächer ist als ihr!“ 3. Rat: „Glaubt den Geschichten nicht, worin der Mensch in einem fort gut ist und fair euch gegenüber, 24 Stunden am Tage der ehrliche und wack’re Held! Glaubt und lernt das, bitte nicht, sonst werdet ihr euch, wenn ihr später aufs Leben zurückschaut, außerordentlich wundern!“

Für die Zukunft finden sich bei Kästner auch einige „kluge Sprüche“. „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!“ und: „An allem Unfug, der passiert, sind nicht nur die schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern.“ Sowie: „Irrtümer haben ihren Wert, jedoch nur hie und da. Nicht jeder, der nach Indien fährt, entdeckt Amerika.“ Ferner: „Wird’s besser – wird’s schlechter, fragt man sich alljährlich; seien wir ehrlich: Das Leben ist immer lebens-gefährlich.“ Seeligers Ratschläge: „Mischt euch ein, jeder an seinem Platz und nach seinen Möglichkeiten, aber tut es! Macht bitte nicht jeden Fehler selbst – lasst ab und zu sich Er-wachsene an eurer Stelle die Finger verbrennen und nehmt deren schmerzliche Erfahrung als die eigene an. Jammert nicht rum, macht immer das Beste draus… denn: es ist so leicht, das Leben schwer zu nehmen, und es ist so schwer, das Leben leicht zu nehmen.“ Und als letzte Gebot: „Schlagt die Zeit nicht tot! Nutze deine Fähigkeiten und die Zeit: Es ist deine Zeit!“

Lehrer sind keine Zauberer. Sie können nicht hexen und – noch weniger - alles wissen. Sie sind Wissensvermittler, Ratgeber, Ansprechpartner, Erzieher, und so fort. Am Ende aber doch nur eine Art Gärtner. „Wir haben versucht, euch zu hegen und zu pflegen – wachsen musstet ihr schon selbst!“

Schulsprecher Christoph Musiolik dankte in seiner Ansprache Lehrern und Eltern sowie den Hausmeistern. „Abschied nehmen von der Schule bedeutet für euch zunächst neue Freiheiten zu gewinnen und Altes, Bekanntes hinter euch zu lassen“, erklärte Klassleiter Lehrer Wolfgang Weich. „Ihr seid in den letzten Monaten gefordert worden, musstet Leistungen erbringen, die für manchen von euch zunächst unüberwindlich schienen. Aber ihr habt euch der Aufgabe gestellt, mit Erfolg, wie man sehen kann. Von 17 Schülern haben 14 den Qualifizierenden Hauptschulabschluss geschafft. Respekt. Zusätzlich haben sich vier Externe mit Erfolg dieser Prüfung unterzogen, einer bekommt sogar den mittleren Bildungsabschluss. Daran kann man sehen, dass die Hauptschule keine Sackgasse ist.“ Er wünschte den Entlassschülern alle Gute für die Zukunft, mahnte aber auch: „Ihr verlasst mit dem heutigen Tag den Schonraum Schule, wo euch vieles nachgesehen wurde. Ich würde mir für euch wünschen, dass ihr in Zukunft mit eueren Arbeitskollegen verbal anders umgeht, als ihr es manchmal mit eueren Mitschülern, aber auch mit Kollegen getan habt. Bei uns in Bayern heißt ein Sprichwort: Mit dem Reden macht man es aus. Wenn euch zukünftig etwas nicht gefällt, dann schlaft erst einmal darüber, sprecht es am nächsten Tag an und bringt euer Anliegen in ruhiger Weise vor, damit die letzten Verszeilen des Gedichts ‚Unaufhaltsam’ von Hilde Domin auf dich nicht zu-treffen werden: ‚Besser ein Messer als ein Wort. Ein Messer kann stumpf sein, ein Messer trifft oft am Herzen vorbei. Nicht das Wort. Am Ende ist das Wort immer am Ende das Wort’.“

Nach der Zeugnisverleihung sang der Schulchor den Zwiefachen „Leit, Leit, müaßt’s lustig sei“ und die 9. Klasse ihr „Lied“: „Auf, gute Freunde“. Ein Stehempfang beendete die Entlassfeier.