Sanierung des "Klosterrichterhauses"

| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung

An alten Gebäuden nagt der Zahn der Zeit. So auch am Komplex Hauptstraße 24, ehemals Hausnummer 5 in Ensdorf, der aus dem 17. Jahrhundert stammt. Der Südflügel, das ehemalige Klosterrichterhaus, wurde vor 1614 erbaut. Daran schließt als Ostflügel der frühere „Saalbau“ an, in dessen Obergeschoss noch in den 1970er Jahren das Tanzbein geschwungen wurde. Die Dachstühle dieser beiden Teile wurden seit August 2007 saniert. In einem zweiten Bauabschnitt waren dann der Torbau (Nordflügel) und das Wohnhaus (Westflügel) an der Reihe.

Schon 1988 veranlasste der damalige Oberkonservator Paul Unterkircher Aufmaß und Notsicherung, nachdem festgestellt worden war, dass die Dachhaut des denkmalgeschützten  Gebäudekomplexes undicht ist und es in Folge hineingeregnet hatte. „Irgendwann stand also eine grundlegende Sanierung an, weil das Bauwerk über Jahrhunderte stark geschädigt war. Ausbesserungsarbeiten von Seiten unserer Familie konnten das nicht mehr stoppen“, so Dr. Konrad Lautenschlager im Gespräch mit der „Mittelbayerischen Zeitung“.

Am 14. Februar 2006 fand dann ein Gespräch mit Vertretern des Bayerischen Wissenschaftsministeriums statt, wobei Sanierungskonzept und –projekt der aus dem Jahr 1618 stammenden Dachstuhlkonstruktion vorgestellt wurden. Das Ministerium stellte fest, dass es sich um „sehr wertvolles und interessantes Dachwerk mit sehr schönen Details und Zierformen“ handelt, das „überregional bedeutend“ ist. „Die Ursprünglichkeit ist zu erhalten.“ Zunächst war der gesamte  Komplex ein Giebelbau. Die Walm stammt wohl aus der Barockzeit.

„Dringlichkeit ist wegen der akuten Substanzgefährdung und zu erwartender Folgeschäden gegeben“, hieß es. Wegen der großen denkmalpflegerischen Kosten wurde das Projekt in den Entschädigungsfonds aufgenommen, weil es einem Bauherrn nicht zuzumuten ist, eine solch aufwändige und kostenintensive Sanierung zu bezahlen. Zudem er keinen Nutzen davon hat, da es sich um nicht heizbare Dachräume handelt. Es folgte eine schwierige Zeit mit Anträge stellen, Berechnungen erstellen und Ausschreibungen. Die Tragwerkplanung übernahm das Ing.-Büro ALS (Adelmann, Landgraf, Schäfer). Am 31. August 2007 wurden endlich die ausführenden Firmen eingewiesen und der Gerüstbau begonnen.

Schon bei Freiräumung des Dachstuhls gab es Überraschungen. Unerwartete Mehrkosten entstanden, weil die Schäden teilweise größer sind als zunächst angenommen. U. a. fehlten einzelne Bohlen in der Dachstuhlkonstruktion. Sie wurden im 18. Jahrhundert als Stützbalken eingebaut. Es gab aber auch erfreuliche Überraschungen: Unter einer irgendwann nachträglich eingebauten Putzdecke beim Bauabschnitt I (Klosterrichterhaus und Saalbau) kam eine sehr schöne Bohlenbalkendecke mit vielen Zierformen zum Vorschein. Der gesamte Renaissance-Dachstuhl mit schönen Details und Zierformen, z. B. liegenden Andreaskreuzkonstruktionen,  wurde im ursprünglichen Bau restauriert“, versichern Dipl.-Ing. Anton Landgraf, Architektin Petra Hofmann und Besitzer Dr. Konrad Lautenschlager. Dabei konnten rund 80 bis 90 Prozent des Gebälks und Dachstuhls im Originalzustand erhalten werden. Fehlende oder vermorschte Teile wurden durch die mit Dachstuhlsanierungen sehr erfahrene Zimmerei Hans Schedl aus Windischeschenbach in mühevoller, schwieriger und aufwändiger Detailarbeit ersetzt bzw. ausgebessert.

Bei der Sanierung des Dachstuhls des Wohnhauses im westlichen Teil des Komplexes erlebte das Ehepaar Lautenschlager böse Überraschungen. Er ist vermutlich „irgendwann einmal abgebrannt. Das zeigten Brandspuren. In barocker Zeit wurde er daher neu errichtet. „Vermutlich allerdings nicht so ganz sachgerecht, denn die Schäden waren größer als beim älteren Renaissancedachstuhl. So mussten viel größere Teile ersetzt werden“, erzählt Isabel Lautenschlager der MZ. Entsprechend lange dauern die Arbeiten an. Seit Monaten ist die Familie schon aus ihrem gesamten Wohnbereich ausquartiert und haust in Notzimmern. Nun werden die Zimmer 20 bis 25 Zentimeter höher. „Nach Erneuerung der gesamten Elektrik, Verputzen, Streichen - auch der weißen barocken Decke - hoffen wir bis zum Herbst endlich wieder einziehen zu können. Dann gehen wir daran, die Bohlenbalkendecke aus der Renaissancezeit des ehemaligen Saales im Osttrakt mit einem Lehm-Stroh-Gemisch zu isolieren. Das wird wohl eine Winterarbeit.“

Nach der Dachstuhlsanierung wurde das „überregional bedeutsame Ensemble im Jahr 2008 mit 35000 roten Ziegeln, so genannten Biberschwänzen neu eingedeckt. Anfang Juni nun wurde das Gerüst entfernt.

Zur Geschichte des Gebäudekomplexes

Der Gebäudekomplex an der alten Hauptstraße wurde wahrscheinlich von der kurfürstlichen Verwaltung nach der Reformation als Verwaltungsgebäude errichtet. Die Klostergebäude selbst waren ja nach dem verheerenden Brand von 1507 und aufgrund der katastrophalen wirtschaftlichen Situation des Benediktinerklosters in einem desolaten Zustand. Nach der Reformation waren für das weltliche Verwaltungspersonal der Klosterliegenschaften deshalb neue Gebäude nötig. Das genaue Baudatum des ersten Gebäudes ist nicht bekannt. Doch eine Abbildung aus dem Jahr 1614 zeigt, dass damals das heutige Stallgebäude bereits stand. 1618 wurde dann ein U-förmiger Komplex an das bereits bestehende Gebäude angefügt (Datierung am Torbogen). Diese spätere Anfügung lässt sich auch heute noch am Dachgeschoss des Stallgebäudes erkennen.

Wie lange das Gebäude Sitz der Klosterverwaltung bzw. Sitz des so genannten Klosterrichters war, ist uns nicht bekannt. Wenngleich Pater Dr. Hans Zitzelsberger in seiner „Chronik von Ensdorf“ die Reihe der Klosterrichter mit dem Jahre 1669 enden lässt, so hat doch nachweislich verschiedener Urkunden mindestens bis zum Jahr 1782, wahrscheinlich sogar bis zur Säkularisation, ein Klosterrichteramt bestanden. Diesem Amt hat der Klosterrichter vorgestanden.

Unter anderem wird in den „Denkmälern in Bayern“ (Anfang des 20. Jahrhunderts) in der ersten Etage des Südflügels das Vorhandensein eines Ehewappens Löfen-Schlammersdorf erwähnt. Ein Sigmund Friedrich Löfen taucht in Ensdorfer Klosterurkunden als Urkundsbeamter auf. Ebenfalls in den „Denkmälern in Bayern“ wird auf Reste von Stukkaturen in den Räumen hingewiesen. Nach der mündlichen Überlieferung in der Familie Lautenschlager soll es sich um Gerichtssäle gehandelt haben. Dieser Gebäudeflügel wurde im 2. Weltkrieg kurzzeitig als Kriegsgefangenlager genutzt. Wann genau und wie und warum die letzten Stukkaturreste beseitigt wurden, lässt sich nicht mehr nachvollziehen.

Der Spruch über dem Torbogen aus Vergils Georgica über den glücklichen Bauern – sie konnten ihn sicherlich nicht lesen - lässt vermuten, dass diese hier ihre Abgaben, den Zehnt, abliefern mussten. Spätestens ab 1752 findet sich der Gebäudekomplex als „Richterbauernhof“ mit einer kleinen Landwirtschaft im Privatbesitz. Das Kloster war damals aufgrund der wirtschaftlichen Situation gezwungen, Gebäude, Grund und Boden zu verkaufen. Unter anderem hat bereits 1732 Antonio di Centa, ein Vorfahre mütterlicherseits des jetzigen Besitzers, vom Kloster mehrere Tagwerk Grund erworben.

Nach der Säkularisation des Klosters 1802 konnten die damaligen Besitzer, eine Familie Fruth, den landwirtschaftlichen Besitz durch Zukauf von Klostergründen deutlich vergrößern. Trotzdem waren sie anscheinend nicht in der Lage, die umfangreichen Gebäude zu unterhalten. So hat denn auch das Haus um die Wende zum 19. Jahrhundert mehrmals den Besitzer gewechselt. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts erwarb es ein nachgeborener Sohn des Klosterbrauereibesitzers Schmidt. Der letzte Schmidt ging 1932 bankrott.

Nachdem der dazugehörige Wald und zahlreiche landwirtschaftliche Flächen abverkauft worden waren, haben die Großeltern mütterlicherseits des jetzigen Besitzers, Michael und Maria Kotzbauer, den Resthof erworben. Die Mutter von Dr. Konrad Lautenschlager, Maria, heiratete 1954 Josef Lautenschlager. Dieser betrieb neben der Landwirtschaft eine Gastwirtschaft und Metzgerei (Viele rühmen noch heute seinen Leberkäs und seine Weißwürste als die besten der Welt). Kurz vor seinem Tod überschrieb der „Mulzer Sepp“ (Hausname) 1989 seinem Sohn Konrad das Anwesen.